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Sozialpolitik: Pflegezeit entlastet Angehörige und Sozialkassen

Arbeitnehmer, die nahe Angehörige pflegen wollen oder müssen, können womöglich bald eine Art unbezahlten Sonderurlaub nehmen. Viele Eckpunkte der Pflegereform sind aber noch umstritten.

Kassel - Nachdem Anfang November Pläne des Bundes für eine so genannte Pflegezeit bekannt geworden waren, sprachen sich nun auch die Länder dafür aus. Bei der zweitägigen Arbeits- und Sozialministerkonferenz, die am Freitag im saarländischen Grenzort Perl-Nennig zu Ende ging, einigten sie sich aber noch nicht auf Eckdaten einer solchen Reform.

Wenn alte oder kranke Menschen pflegebedürftig werden, können von heute auf morgen extreme Anforderungen auf die Angehörigen zukommen. Nicht nur der Pflegebedürftige will versorgt sein; gleichzeitig muss die Wohnung aufgelöst oder umgebaut, ein Pflegedienst organisiert und finanzielle Hilfen müssen beantragt werden. Neben ihrer normalen Arbeit können Angehörige dies kaum bewältigen. Viele entscheiden sich deshalb gleich für ein Heim. Andere leiden unter der hohen psychischen und körperlichen Last und werden eventuell selbst krank, wie Gabriele Kuhn-Zuber berichtet, Pflegereferentin beim Sozialverband Deutschland (SoVD) in Berlin.

Expertin sieht Sparpotenzial

Eine Pflegezeit soll den Angehörigen daher zunächst "Luft verschaffen", sagt Kuhn-Zuber. Sie sollen Zeit haben, nötige Hilfen zu organisieren und auszuprobieren, ob sie psychisch und körperlich überhaupt zur Pflege in der Lage sind. Der Staat hofft, dass dadurch weniger Pflegebedürftige einen teuren Heimplatz brauchen. Insbesondere die Sozialhilfeträger könnten so Gelder in zweistelliger Millionenhöhe sparen, schätzt Kuhn-Zuber.

Konkrete Vorschläge für eine Pflegezeit haben bislang der SoVD und das Saarland vorgelegt. Anfang November wurden zudem auch die Pläne des Bundes in groben Zügen bekannt. Dabei unterscheiden sich die Vorstellungen in mehreren Punkten.

"Frauenpolitische Gründe"

Nach den Plänen des Bundes und des SoVD soll die Pflegezeit zunächst bis zu sechs Monate Dauern und auf zwölf Monate verlängert werden können. Das Saarland schlug dagegen bis zu drei Jahre vor. Kuhn-Zuber rechtfertigt die kürzere Dauer mit "frauenpolitischen Gründen". Denn pflegende Angehörige seien überwiegend Frauen zwischen 45 und 60 Jahren. Nach einem Jahr sei für diese Altersgruppe der Wiedereinstieg in den Beruf schon schwer genug.

Der Bund will Kleinbetriebe unter 15 Beschäftigten von der Regelung ausnehmen. Dagegen unterscheidet der Vorschlag des Saarlandes nicht nach Unternehmensgröße, und auch der SoVD lehnt dies unter Hinweis auf die ebenfalls allgemeingültige Elternzeit ab. Umstritten ist zudem, ob eine Pflegebedürftigkeit nach den Maßstäben der Pflegeversicherung zur Voraussetzung gemacht werden soll. Für Demenzkranke gäbe es dann häufig keine Pflegezeit, ebensowenig für pflegebedürftige Kinder, Sterbende oder Kurzzeit-Pflegebedürftige, etwa nach einem Herzinfarkt. (tso/AFP)

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