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Sozialpolitik: Studie warnt vor steigender Altersarmut

Durch die Rente mit 67 droht nach Ansicht von Gewerkschaften und Sozialverbänden in den nächsten Jahren ein Anstieg der Altersarmut. Niedriglöhner seien selbst nach 45 Jahren Arbeit unterm Limit.

Berlin - Durch die Rente mit 67 droht nach Ansicht von Gewerkschaften und Sozialverbänden in den nächsten Jahren ein Anstieg der Altersarmut. Verschärft werde die Situation durch die Wirtschaftskrise, in der mehr ältere Arbeitnehmer ihren Job verlieren würden, heißt es in einer Studie im Auftrag des „Netzwerks für eine gerechte Rente“, die dem Tagesspiegel vorliegt. Auch wenn gegenwärtig das Armutsrisiko von Alleinerziehenden oder Niedriglöhnern höher sei als von Rentnern, deute alles darauf hin, „dass sich in Zukunft das Armutsrisiko für Ältere erheblich erhöhen wird“.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach forderte den Bundestag auf, die Rente mit 67 spätestens bei der 2010 anstehenden Überprüfung abzusetzen. „Die Rente mit 67 ist eine tickende Zeitbombe, die schnellstens entschärft werden muss“, sagte sie. Die Vorsitzende des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, mahnte, die Einführung der Rente mit 67 würde insbesondere für kranke Menschen Hartz IV im Alter bedeuten.

Nach dem Bericht, den das Netzwerk nun vorlegt, muss schon heute jeder zehnte Mann mit einem Alterseinkommen von weniger als 750 Euro im Monat auskommen – also unterhalb der Armutsschwelle, die bei 60 Prozent des mittleren Einkommens in Deutschland liegt. Bei den Frauen ist der Anteil höher: 19 Prozent der westdeutschen und zwölf Prozent der ostdeutschen Frauen haben weniger als 750 Euro zur Verfügung.

Heidi Merk, Vorsitzende des Paritätischen Gesamtverbands, warnte, dass sich in den nächsten 15 Jahren die Zahl der alten Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen seien, mindestens vervierfachen werde, wenn nicht schnell politisch gegengesteuert würde. Ende 2007 bezogen 2,4 Prozent der Älteren Grundsicherung im Alter. „Nach so vielen Milliarden, die in die Bekämpfung der Wirtschaftskrise geflossen sind, wird es Zeit, dass die Bundesregierung die soziale Balance wieder herstellt“, forderte Merk.

Für geringe künftige Rentenansprüche nennt die Studie mehrere Gründe: Ein Großteil der Arbeitslosen über 55 Jahre habe keine Chance mehr auf einen beruflichen Wiedereinstieg und wechsele nach langer Arbeitslosigkeit direkt in den Rentenbezug. Durch die Rente mit 67, so prognostizieren die Autoren, werde die Zahl der älteren Arbeitslosen ebenso wie die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit steigen, mit entsprechenden Einbußen: Wer aus der Langzeitarbeitslosigkeit in die Rente wechselt, muss bis zu 14,4 Prozent Abschläge hinnehmen.

Armutsgefährdet seien außerdem diejenigen, die aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht mehr arbeiten können und deshalb eine Erwerbsminderungsrente beantragen. Aber auch die Ausweitung der Minijobs, für die keine Rentenansprüche erworben werden, sowie ein wachsender Niedriglöhneranteil führten ebenso wie Phasen der Selbstständigkeit „für immer mehr Personen zu unzureichenden Rentenansprüchen“.

Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Untersuchung der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Danach haben Niedriglöhner selbst nach 45 Arbeitsjahren keine Chance, eine Rente über der Grundsicherung zu erzielen. Um eine Nettorente auf Grundsicherungsniveau – derzeit 676 Euro – zu erhalten, müsste ein Arbeitnehmer 45 Jahre lang mindestens 9,47 Euro brutto in der Stunde verdienen. Tatsächlich aber kommen Geringverdiener in Westdeutschland im Schnitt gerade mal auf 6,89 Euro, im Osten sogar auf nur 4,86 Euro.

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