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Sozialpolitik: Umstrittene Gesundheitsreform ist in Kraft

Das über Monate debattierte Gesetzeswerk gilt seit Sonntag und sieht unter anderem eine Versicherungspflicht und Wahltarife vor. Die größten Änderungen wie der Gesundheitsfonds oder der neue Basistarif für Privatkassen werden erst 2009 wirksam.

Berlin - Verbraucherschützer und Gewerkschaften rieten bereits zur Vorsicht bei den neuen Wahltarifen, die von den Krankenkassen angeboten werden können. Nach einer Umfrage des Magazins "Focus" wollten zunächst aber nur 15 von 233 Kassen die neuen Wahltarife anbieten.

Durch die Gesundheitsreform gilt ab sofort: Empfohlene Impfungen und Eltern-Kind-Kuren werden als Pflichtleistungen von der Kasse erstattet. Dafür gibt es keine Erstattung mehr, wenn es nach Tattoos und Piercings oder nicht medizinisch notwendigen Schönheitsoperationen zu Komplikationen kommt. Derzeit Nichtversicherte, die früher gesetzlich versichert waren, müssen von ihrer früheren Krankenversicherung wieder aufgenommen werden. Die Kassen können den Versicherten außerdem Tarife mit mehr Wahlmöglichkeiten wie zum Beispiel einen Selbstbehalt anbieten.

Verbraucherschützer Thomas Isenberg wies darauf hin, dass die neuen Wahltarife keine Verpflichtung seien. "Wer jetzt nichts macht, macht nichts verkehrt", sagte der Gesundheitsexperte vom Verbraucherzentrale Bundesverband der "Berliner Zeitung" vom Samstag. Er riet dazu, erst einmal abzuwarten, wie sich das Angebot in den nächsten Monaten entwickeln werde. Derzeit gehe es vor allem darum, wie viel Geld gespart werden könne. Künftig werde die Qualität der Tarifleistungen mehr in den Vordergrund rücken.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) riet ebenfalls zur Vorsicht: DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach erklärte, ein großer Teil der neuen Tarife berge große Risiken. Manche der neuen Angebote seien zwar auf den ersten Blick attraktiv, könnten aber die Versicherten teuer zu stehen kommen - etwa wenn sie doch einmal krank würden oder einen Unfall hätten und dann nur noch zum Teil abgesichert seien. Sie wies zudem darauf hin, dass die Prämien und Beitragsnachlässe die Einnahmen der Kassen verringerten. "Die Mittel, die an die Jungen, Gesunden zurückfließen, fehlen dann für die Älteren und Kranken", erklärte sie. Dadurch drohten womöglich höhere Beiträge ab dem Jahr 2009.

Bürger wissen wenig über Gesundheitsreform

Nach dem "Focus"-Bericht wollten 39 Kassen ab April die neuen Tarife anbieten. Sie hätten jedoch nicht alle rechtzeitig die nötige Genehmigung bekommen. Erlaubt wurden die neuen Spartarife bislang vor allem den meist regionalen AOKs sowie der Barmer.

Nach einer Umfrage wissen nur 18 Prozent der Deutschen genau, was sich durch die Gesundheitsreform ändert. 81 Prozent wüssten dies nicht, wie eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag von "Bild am Sonntag" ergab. Selbst Bürger mit Abitur und Studium gaben demnach nur zu 25 Prozent an, sie wüssten genau Bescheid, welche Regelungen in Kraft treten würden. (tso/AFP)

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