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Sozialstaatsdebatte: Regierung sieht strengere Hartz-IV-Sanktionen skeptisch

Der Ruf nach strikteren Regeln für arbeitsunwillige Hartz-IV-Empfänger wird zwar auch bei der Union lauter. Regierungssprecher Wilhelm hält die bestehenden Vorschriften hingegen für ausreichend.

Die Bundesregierung sieht die Vorstöße aus der FDP und CSU für strengere Sanktions- oder Zumutbarkeitsregeln bei Hartz IV mit Skepsis. "Es gibt sehr viele Vorschriften schon im geltenden Recht für Sanktionen bei Ablehnung von zumutbarer Arbeit", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm in Berlin. Auch sei jetzt schon für einen Empfänger von Arbeitslosengeld II "jede Arbeit zumutbar, es sei denn, dass er körperlich, geistig oder seelisch nicht dazu in der Lage ist" oder dass sonstige wichtige Gründe gegen eine Arbeitsaufnahme sprächen, etwa die Betreuung von Kindern unter drei Jahren.

CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hatte zuvor einen strengeren Umgang mit arbeitsunwilligen Hartz-IV-Empfängern angemahnt. "Wer angebotene Arbeit willkürlich ablehnt, der verwirkt seinen Anspruch auf Solidarität. Das muss künftig überall in Deutschland so hart sanktioniert werden wie in Bayern", sagte Dobrindt. Es könne nicht sein, dass in anderen Ländern mutwillige Arbeitsverweigerer unbehelligt blieben und nicht wie in Bayern die Geldleistungen gekürzt würden. "Das Modell Bayern muss in ganz Deutschland Anwendung finden."

Wilhelm wollte solche Vorschläge nicht direkt kommentieren oder bewerten. Er wies darauf hin, dass es hier nicht um Regierungshandeln, sondern um eine parteipolitische Diskussion gehe. Er hob hervor, dass es bei Sanktions- oder Zumutbarkeitsregeln vor allem um die Umsetzung bestehenden Rechts gehe.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Fuchs (CDU), plädierte dafür, stärker auf Sanktionen zu setzen. "Leute, die sich ein gutes Leben mit Hartz IV machen zulasten der Allgemeinheit, müssen Sanktionen intensiver spüren", sagte er. Ziel muss es laut Fuchs auch sein, das Lohnabstandsgebot künftig besser zu garantieren. Dies gelinge nicht durch einen Mindestlohn, sondern nur durch eine weitere Entlastung der Geringverdiener, zum Beispiel durch Zuschüsse zu den Lohnnebenkosten.

Seiner Meinung nach dürfte auch das Thema Schwarzarbeit in der Debatte um Hartz IV nicht verschwiegen werden. "Dies ist auch unter Hartz-IV-Empfängern ein zunehmendes Problem. Wir brauchen jetzt endlich schärfere Kontrollen, der volkswirtschaftliche Schaden von Schwarzarbeit ist zu groß", sagte Fuchs. Bei schärferen Kontrollen sei aber der gesamte Schwarzarbeitsbereich auch über Leistungsbezieher gemeint.

Am Wochenende hatte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle den Streit um Missstände und künftige Besserungen des deutschen Sozialstaats neu entfacht. Der Vize-Kanzler und Außenminister forderte, Hartz-IV-Empfänger für gemeinnützige Arbeiten wie Schneeschippen heranzuziehen. Er sagte, junge und gesunde Empfänger von Sozialleistungen sollten zu zumutbarer Arbeit verpflichtet werden – etwa zum Schneeschippen. "Wer sich dem verweigert, dem müssen die Mittel gekürzt werden." Die Jobcenter sollten diese gesetzliche Möglichkeit stärker umsetzen. Umgekehrt müsse die Sozialstaatsverwaltung jedem jungen Menschen ein Arbeitsangebot machen.

Zu solchen und früheren Äußerungen des FDP-Chefs kommt aus der Union aber nicht nur Zustimmung. "So darf man unseren Sozialstaat nicht verunglimpfen", sagte der frühere CSU-Chef Erwin Huber. "Ich kritisiere die Pauschalität, mit der Westerwelle vorgegangen ist." Dieser hätte "Vorbehalte bedient, aber dem Sozialstaat keinen Gefallen getan", sondern die Debatte allein aus "taktischen Gründen" vom Zaun gebrochen. Huber sagte weiter, der FDP-Chef sei für einen "liberalen Brutalstaat".

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa, Reuters, AFP

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