zum Hauptinhalt
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit US-Präsident Barack Obama.

© dpa

Spähaffäre: Merkel soll NSA mit der Stasi verglichen haben

Nach den Mutmaßungen um einen Spähangriff auf ihr Handy rief Angela Merkel ärgerlich US-Präsident Barack Obama an: "This is like the Stasi" soll die Bundeskanzlerin gesagt haben - obwohl sie zuvor Vergleiche mit der DDR-Spitzelei scharf zurückgewiesen hatte.

Über den Verlauf des Gespräches im Oktober war bislang wenig bekannt geworden. Nun berichtet die "New York Times" mit Verweis auf eine ungenannte Quelle, dass die Bundeskanzlerin sich durch die Enthüllungen um einen Spähangriff der National Security Agency (NSA) auf ihr Handy an ihre Kindheit als Tochter eines evangelischen Pfarrers in der DDR erinnert fühle. "She told him, ‘This is like the Stasi’", zitiert die Zeitung die ungenannte Person, die sich mit Angela Merkel über das Gespräch ausgetauscht haben will.

Besonders ärgerlich soll die Bundeskanzlerin über die Tatsache gewesen sein, dass ein einzelner Mitarbeiter der NSA - Edward Snowden - die geheimen Dokumente entwenden konnte.

Noch im Juli wies Merkel den Stasi-Vergleich scharf zurück

Sollte dieser Bericht zutreffen, hätte die Bundeskanzlerin einen bemerkenswerten Kurswechsel vollzogen: Noch im Juli hatte sie in einem Gespräch mit der Wochenzeitung "Die Zeit" einen Vergleich der NSA-Aktivitäten mit der Staatssicherheit der DDR scharf zurückgewiesen. "Für mich gibt es überhaupt keinen Vergleich zwischen der Staatssicherheit der DDR und der Arbeit der Nachrichtendienste in demokratischen Staaten", sagte sie in dem Interview. "Das sind zwei völlig verschiedene Dinge, und solche Vergleiche führen nur zu einer Verharmlosung dessen, was die Staatssicherheit mit Menschen in der DDR angerichtet hat."

Obama soll der Bundeskanzlerin in dem Telefonat versichert haben, nichts von der Überwachung ihres Handys gewusst zu haben. Bei der Spähaktion, die offenbar schon im Jahr 2002 begann, sollen nicht nur Daten gesammelt, sondern auch direkt Gespräche mitgeschnitten worden sein. In diesem Zusammenhang gerieten Mitarbeiter der US-Botschaft im Berliner Regierungsviertel unter Verdacht, technische Überwachungseinrichtungen auf dem Dach zu betreiben.

Erstmals innenpolitischer Druck auf Obama wegen NSA-Praxis

Nachdem am Montag ein US-Bundesgericht die Verfassungsmäßigkeit des systematischen Abgreifens von Telefondaten durch den Geheimdienst in Zweifel gezogen hatte, steht Barack Obama in der Spähaffäre erstmals auch innenpolitisch unter Druck. Das Gericht sieht in der NSA-Praxis eine gravierende Verletzung der Privatsphäre von US-Bürgern. Im Januar will der Präsident einen Bericht über die Überprüfung der geheimdienstlichen Tätigkeiten öffentlich präsentieren.

Unterdessen hat der NSA-Informant Edward Snowden, der die Affäre um die weltweiten Spähprogramme des US-Geheimdienstes ins Rollen brachte, sich mit einem Offenen Brief an die Bevölkerung Brasiliens gewandt. Darin bietet Snowden der Regierung im Austausch gegen politisches Asyl Hilfe bei der Aufklärung der NSA-Aktivitäten in Brasilien an. Auch Präsidentin Dilma Rousseff soll abgehört worden sein. Derzeit wird Snowden in Russland geduldet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false