zum Hauptinhalt
Ada Colau, Hausbesetzerin und Kandidatin der Protestbewegung, feiert Sonntagabend mit Anhängern ihren Sieg in Barcelona.

© Alberto Estevez/dpa

Spanien nach der Kommunalwahl: Für Podemos und Ciudadanos wird es nicht einfach

Bei Spaniens Kommunalwahlen haben Protestparteien wie die linke Podemos und die eher zentristische Partei Ciudadanos große Erfolge errungen. Wie gefährlich sind diese Bewegungen wirklich für die regierenden Konservativen?

In Spanien dürfte sich nach den Kommunal- und Regionalwahlen am Sonntag einiges verändern. Zwar hielt sich die konservative Volkspartei PP knapp als stärkste Partei. Die Konservativen mussten aber schwere Verluste hinnehmen und werden vermutlich die Macht in vielen Rathäusern und Regionen verlieren, wo sie bisher meist mit absoluter Mehrheit regierten. Die Abstrafung der Konservativen ist offenbar die Reaktion der Bürger auf zahlreiche Korruptionsskandale in den Reihen der Volkspartei.

Die landesweit zweitstärkste Partei, die Sozialisten, hatte ebenfalls keinen Grund zum Jubeln, obwohl sich ihr Verlust in Grenzen hielt. Die wahren Sieger dieser Nacht aber waren die neuen Protestparteien und Bürgerplattformen, die in den vergangenen Monaten im ganzen Land viel Zuspruch erfuhren und in dieser Wahl respektable Ergebnisse erreichten. Vielerorts werden die Neulinge, vor allem die linke Protestallianz Podemos (Wir schaffen es) und die liberale Bewegung Ciudadanos (Bürger), über die künftige Machtverteilung entscheiden.

Insgesamt wurde in mehr als 8000 Gemeinden und in 13 der 17 spanischen Regionen gewählt. Die landesweiten Ergebnisse der Kommunalwahl, die als Test für die nationalen Parlaments- und Regionalwahlen Ende des Jahres gilt, geben eine Ahnung von den neuen Machtverhältnissen in Spanien: Danach sackte die konservative Volkspartei von Ministerpräsident Mariano Rajoy auf 27 Prozent ab, die Sozialisten kamen auf 25 Prozent.

Podemos ist nur drittstärkste Kraft

Die um Podemos gruppierte Empörtenbewegung wurde drittstärkste Kraft. Da diese Protestplattform aber landesweit nicht unter einer einheitlichen Marke, sondern mit lokalen Listennamen antrat, veröffentlichte das Wahlamt in diesem Falle keine konkrete Prozentzahl. In Berichten war von etwa einem Viertel der Wählerstimmen die Rede. Die ebenfalls neue gemäßigte Bürgerpartei Ciudadanos kam auf den vierten Platz mit 6,5 Prozent. Sie trat allerdings nicht im ganzen Land an.

In der spanischen Hauptstadt Madrid könnte die Protestplattform „Ahora Madrid“, die unter anderem von Podemos getragen wird, sogar bald im Rathaus regieren. Die Liste, die von der früheren Richterin Manuela Carmena angeführt wird, wurde in der Hauptstadt mit spektakulären 32 Prozent zweitstärkste Partei und strebt nun einen politischen Pakt mit den Sozialisten an. Damit würden die Konservativen, die hier seit 24 Jahren regieren, von der Macht verdrängt.

Auch in der zweitgrößten Stadt des Landes, in Barcelona, zeichnet sich ein Machtwechsel ab. In der katalanischen Hauptstadt wurde die ebenfalls von der linken Protestbewegung getragene Bürgerallianz „Barcelona En Comú – Barcelona vereint“ stärkste Partei. Die populäre Spitzenkandidatin Ada Colau, eine frühere Hausbesetzerin und Spaniens bekannteste Straßenaktivistin, braucht allerdings für eine Mehrheit im Stadtparlament ebenfalls die Unterstützung weiterer Parteien. Es wird abzuwarten sein, wie kompliziert das Schmieden von Bündnissen sein wird, wenn Protestler und Etablierte wie die Sozialisten zusammenfinden müssen.

Machtwechsel in mehreren Städten erwartet

„Die Bürger hatten eine historische Chance, und sie wurde genutzt“, rief die 41-jährige Ada Colau nach ihrem Triumph in die Mikrofone. Hinter der Wahlsiegerin prangte in dicken roten Lettern auf Katalanisch das Wahlmotto „Guanyem Barcelona – Lasst uns Barcelona gewinnen“. Vor ihr knallten die Sektkorken und tausende Anhänger feierten den historischen Sieg jener Bewegung, die vor allem mit Straßenprotesten gegen die Korruption Schlagzeilen machte. In Barcelona regierte aber bisher nicht die konservative Volkspartei, sondern die bürgerliche Regionalpartei CiU, welche aber wie die Konservativen tief im Sumpf der Korruption steckt.

Auch in vielen anderen spanischen Städten wie etwa Sevilla oder Valencia, in denen bisher die Konservativen unangefochten regierten, zeichnet sich ein Machtwechsel ab. Gleiches gilt für etliche spanische Regionen wie zum Beispiel die Balearen mit Mallorca, wo Podemos mit rund 15 Prozent der Stimmen Premiere feierte und als Teil eines Linksbündnisses vermutlich für ein Ende der konservativen Inselherrschaft sorgen wird. Übrigens mit Folgen für den Tourismus, denn die linken Inselparteien wollen die umstrittene „Urlaubssteuer“ wiederbeleben.

Um die Macht in manchen Städten und Regionen zu verteidigen, könnten die Konservativen eine Zusammenarbeit mit der eher in der politischen Mitte angesiedelten Protestpartei Ciudadanos anstreben. Ob Ciudadanos, welche sich wie Podemos die politische Erneuerung und den Kampf gegen die Korruption auf die Fahnen geschrieben hat, mit den skandalbelasteten Konservativen zusammenarbeiten wird, ist fraglich.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false