zum Hauptinhalt
Unter Druck: Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy.

© AFP

Update

Spanien: Rajoy weist Korruptionsvorwürfe zurück

Vor dem Parlament in Madrid versucht Mariano Rajoy den Befreiungsschlag - die in der Korruptionsaffäre über ihn kursierenden Anschuldigungen seien nichts als "Lügen", sagt Spaniens angeschlagener Ministerpräsident.

Wochenlang weigerte er sich, zu den schweren Korruptionsvorwürfen Stellung zu nehmen. Als der Druck der Öffentlichkeit aber immer mehr zunahm und die Rücktrittsforderungen lauter wurden, stellte sich Spaniens konservativer Regierungschef Mariano Rajoy nun doch dem Parlament. Doch er wählte dafür wohlkalkuliert den Beginn der Sommerferien im August, als die Nation schon nicht mehr richtig hinhörte und im Urlaub war.

Ohnehin erwartete in Spanien niemand, dass Rajoy, der eigentlich lieber schweigt als redet, die Affäre aufklären würde, die seit Monaten den Ruf des spanischen Ministerpräsidenten und seiner konservativen Volkspartei (PP) unterminiert. Alle Beschuldigungen seien „falsch“ und nichts als „bösartige Andeutungen“, behauptete er im Zuge der hitzigen Debatte im Parlament. Entsprechend lehnte Rajoy, der auch Parteivorsitzender ist, die Forderung der Opposition ab, sein Amt als Regierungschef niederzulegen. „Ich werde nicht zurücktreten, und ich werde keine Neuwahl einberufen“, sagte Rajoy. Er werde sich „nicht als schuldig bekennen. Denn ich bin es nicht“.

Er habe nie Schwarzgeld aus einer angeblichen geheimen Parteikasse bezogen, die mit fragwürdigen Großspenden spanischer Bauunternehmer gespeist worden sein soll. Auch Umschläge mit 500-Euro-Scheinen habe man ihm nicht zugesteckt. Und illegale Parteienfinanzierung, über die sein langjähriger Vertrauter und Schatzmeister Luis Bárcenas einem Ermittlungsrichter berichtete, habe es ebenfalls nie gegeben. „Es existierte keine doppelte Buchhaltung.“

Rajoy fühlt sich selbst betrogen

Sein einziger Fehler sei gewesen, Bárcenas, der inzwischen in Untersuchungshaft sitzt, überhaupt zu vertrauen. „Da habe ich mich geirrt“, sagte Rajoy. Er sei von seinem Kassenwart „betrogen“ worden, sei also gewissermaßen selbst Opfer unseriöser Machenschaften geworden. Nun vertraue er darauf, dass die Justiz „alles aufklären“ werde.

Bárcenas hatte ausgesagt, dass er mit Wissen der Parteispitze „mindestens 20 Jahre lang“ eine geheime Bargeldkasse in der Zentrale der Konservativen unterhalten habe. In den regionalen Parteibüros habe es ähnliche Praktiken gegeben. Kassen, die mit reichlich Bargeld gefüllt gewesen seien, das Großunternehmer, welche um öffentliche Aufträge buhlten, im Handkoffer vorbeibrachten.

Aus dieser Kasse, in die nach Eindruck der Ermittler Schmiergeld geflossen sein könnte, seien „am Rechnungshof vorbei“ Wahlkämpfe finanziert worden. Und den Parteiführern, die ihm hinsichtlich der Geldverwendung „Anweisungen“ erteilt hätten, üppige Extragehälter gezahlt worden und zwar bar auf die Hand. Bárcenas sagte: „Es gab keine Steuerabzüge.“

Allein Mariano Rajoy, der seit 2004 Parteichef ist, habe seit 1997 insgesamt 350.000 Euro erhalten. Auch die Garderobe des Bosses habe man aus dem Reptilienfonds finanziert. Manchmal sei dem Spitzenpolitiker, der seit Ende 2011 Regierungschef ist, das Geld „in Umschlägen mit 500-Euro-Scheinen“ übergeben worden. Zuweilen habe man dem passionierten Zigarrenraucher, das Geld sogar „in Zigarrenkisten“ überreicht. Die letzte diskrete Zahlung habe er Rajoy 2010 übergeben, und zwar 20.000 Euro.

Die Spanier glauben ihm nicht

Bárcenas bestätigte mit der Beichte Enthüllungen der großen spanischen Zeitungen „El Pais“ und „El Mundo“, die Anfang 2013 die Affäre aufgedeckt hatten. Damals hatte Bárcenas, gegen den bereits seit vier Jahren wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche ermittelt wird, alle Vorwürfe bestritten und war von Rajoy öffentlich verteidigt worden.

Erst als die Parteispitze ihn im Mai fallen ließ, als „Verbrecher“ und Alleintäter abstempelte, packte Bárcenas aus und übergab dem Untersuchungsrichter alle Aufzeichnungen über die mutmaßliche geheime Kasse. Und für deren tatsächliche Existenz nach Einschätzung der Ermittler einiges spricht. Ob daraus Mariano Rajoy ein Strick gedreht werden kann und strafrechtlich verwertbare Beweise gegen ihn zusammenkommen, ist eine andere Sache.

Spaniens sozialistischer Oppositionschef Alfredo Pérez Rubalcaba sprach jedenfalls aus, was Umfragen zufolge die meisten Spanier denken: Es sei unmöglich Rajoy zu glauben, „dass er 20 Jahre lang nichts gewusst habe“. Rajoy gehört seit mehr als zwei Jahrzehnten zum Führungszirkel der konservativen Volkspartei.

Man vermutet übrigens, dass der in Ungnade gefallene Bárcenas einen Teil der illegalen Bargeldspenden an die Partei auf sein eigenes Konto umleitete. In der Schweiz fand die Steuerfahndung geheime Konten, auf denen Bárcenas vorübergehend knapp 50 Millionen Euro gehortet hatte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false