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Politik: Spanien vereint gegen den Terror

Millionen gedenken der Opfer der Anschläge von Madrid / Eta: Wir waren es nicht

Madrid. Am Tag nach den tödlichen Anschlägen in Madrid hat die baskische Extremistengruppe Eta bestritten, für die Tat verantwortlich zu sein. Entsprechende Verlautbarungen gingen bei der baskischen Zeitung „Gara“ und dem Rundfunksender „ETB“ ein. Über die Zeitung hatte sich die Eta auch schon früher an die Öffentlichkeit gewandt. Während Spaniens Regierung zunächst von der Täterschaft der Eta überzeugt war, kommen für sie nun auch Täter aus dem Umfeld der Terrorgruppe Al Qaida in Frage. Am Freitagabend demonstrierten rund zwei Millionen Menschen im Zentrum Madrids bei strömendem Regen gegen den Terror.

„Der Regen - das sind die Tränen der Opfer“, sagte ein Fernsehkommentator bewegt. Unter den Demonstranten befanden sich die gesamte spanische Regierung, Kronprinz Felipe und zahlreiche europäische Spitzenpolitiker wie Bundesaußenminister Joschka Fischer, EU-Kommissionspräsident Romano Prodi, Frankreichs Premier Jean-Pierre Raffarin und Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Die Menschen riefen „Mörder, Mörder“, „Schluss mit dem Terror“, „In diesem Zug saßen wir alle“ und reckten als Zeichen des Friedens die nackten Handflächen in die Höhe. Auch in anderen Städten Spaniens gab es Massenproteste.

Am Freitagabend mehrten sich in Madrid die Hinweise, dass arabische Extremisten hinter der Attentatsserie stecken könnten. Spaniens konservativer Regierungschef José Maria Aznar räumte ein, dass nach neuen Erkenntnissen nun „in alle Richtungen ermittelt“ werde. Wie berichtet, war in London ein Bekennerschreiben aus dem Umfeld des islamistischen Terror-Netzwerkes Al Qaida aufgetaucht, dessen Echtheit von Experten jedoch angezweifelt wird. Bei dem Bombenanschlag auf vier Pendlerzüge waren am Donnerstagmorgen 199 Menschen getötet und 1463 verletzt worden.

Das Kanzleramt in Berlin ging am Freitag noch von der Eta als Tätergruppe aus. Auch Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) machte die baskischen Separatisten für die Anschläge verantwortlich. Daher sei auch nicht von einer verschärften Sicherheitslage in Deutschland auszugehen. Falls sich aber doch herausstellen sollte, dass das Terrornetzwerk Al Qaida hinter den Anschlägen stecke, ergebe sich eine neue Lage.

Auf islamistische Täter weisen die Bombenzünder hin, die in einem Lieferwagen nahe des Tatortes in Madrid zusammen mit einem Tonband voller Koranverse gefunden wurden. Sie sind identisch mit den Zündern der beim Anschlag verwendeten Sprengsätze. Zudem teilte Spaniens Innenminister Angel Acebes am Abend mit, dass die Bombenmaterialien entgegen Behauptungen der Regierung vom Vortag nicht identisch sind mit jenen früherer Eta-Sprengsätze. Sprecher der spanischen Opposition warfen der Regierung vor, die Öffentlichkeit nicht wahrheitsgemäß über die Hintergründe des Massakers zu informieren und „Informationen zu verbergen“. Zu den wichtigsten Beweisstücken der Polizei gehört eine nicht explodierte Bombe, die in einer Tasche in einem der betroffenen Züge gefunden wurde. Das Handy, mit dem sie offenbar ferngezündet werden sollte, könnte ebenfalls wichtige Hinweise liefern.

Ralph Schulze[Madrid]

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