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Die türkische Armee operiert zurzeit im Nachbarland Syrien.

© dpa

Spannung zwischen NATO-Partnern: Türken greifen US-Verbündete in Syrien an

Zwischen den NATO-Partnern Türkei und USA kriselt es. Türkische Soldaten griffen syrische Kurden in Syrien an und schickten eine Warnung nach Washington.

Gepanzerte US-Militärfahrzeuge mit aufgepflanztem Sternenbanner stehen auf einer Zufahrtsstraße in die nordsyrische Stadt Manbidsch: Ein Foto in der türkischen Tageszeitung „Vatan“ illustrierte diese Woche die amerikanische Militärpräsenz rund 30 Kilometer südlich der türkischen Grenze. Mehrere hundert US-Soldaten sollen sich in Manbidsch aufhalten – und dort könnte es schon bald recht ungemütlich werden. Türkische Soldaten und verbündete syrische Milizen haben in der Umgebung von Manbidsch mit Angriffen begonnen. Denn die Stadt wird von syrischen Kurden gehalten, die für die Türkei ein Feind, für die USA aber ein Partner sind.

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu richtete am Donnerstag eine Warnung an die USA und die syrischen Kurden, die als Ultimatum verstanden werden kann. Sollten sich die Kurden nicht aus Manbidsch zurückziehen, werde die türkische Armee die Stadt selbst angreifen, sagte Cavusoglu.

Im Kampf gegen den IS sind die Kurden für die USA Verbündete

Seit Jahren schon werden die Beziehungen zwischen Ankara und Washington durch grundlegende Interessensgegensätze im Syrien-Konflikt belastet. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan betrachtet die Regierung des syrischen Staatschefs Baschar al-Assad und die syrischen Kurden als Hauptgegner. Dagegen konzentriert sich die US-Politik in Syrien auf den Kampf gegen den Islamischen Staat (IS), weshalb Amerika die syrische Kurdenpartei PYD und deren Miliz YPG als Verbündete sieht und unterstützt.

Seit Beginn der türkischen Militärintervention in Syrien im August vergangenen Jahres nehmen die Spannungen zwischen Ankara und Washington zu. Erdogans Truppen sollen im Norden Syriens nicht nur den IS aus der Nähe der türkischen Grenze vertreiben, sondern auch eine weitere Ausweitung des kurdischen Herrschaftsgebietes dort verhindern. Konkret wollen die Türken mit syrisch-arabischen Verbündeten einen Keil zwischen zwei Kurdengebieten bilden, die durch einen rund hundert Kilometer breiten Gebietsstreifen zwischen der Gegend um Afrin im Westen und dem Euphrat im Osten getrennt sind.

Erdogan und andere türkische Politiker fordern von den USA, sie sollten dafür sorgen, dass PYD und YPG aus Manbidsch auf das Ostufer des Euphrat abziehen, das etwa zehn Kilometer westlich des Euphrat liegt. Offiziell ist dies auch längst geschehen, doch tatsächlich sind Milizen unter YPG-Befehl in der Gegend geblieben.

Bilder fotogener Kurden-Kämpferinnen

In den vergangenen Tagen hatten die türkischen Truppen und ihre syrischen Verbündeten den IS aus der Stadt Al-Bab, rund 30 Kilometer südwestlich von Manbidsch, vertrieben. Nun rückt die türkische Armee offenbar gegen Kurdentruppen in der Umgebung von Manbidsch vor. Am Mittwoch meldete das kurdische Online-Portal Rudaw, die türkische Armee und Einheiten der Rebellentruppe Freie Syrische Armee (FSA) hätten einige Dörfer etwa 20 Kilometer südwestlich von Manbij angegriffen. Die kurdischen Truppen hätten das Feuer erwidert. Auch aus Tal Rifaat am westlichen Ende des von den Türken beanspruchten Korridors wurden am Mittwoch türkische Luftangriffe gemeldet.

Selbst wenn Türken und Amerikaner die Krise in Manbidsch beilegen können, stellt sich die Frage, wie es weitergehen soll in Nordsyrien. Die USA haben nach eigenen Angaben rund 50.000 Kämpfer der kurdisch dominierten Demokratischen Kräfte Syriens (SDF) für einen Großangriff auf die IS-Hochburg Rakka ausgebildet. Über Twitter verbreitet das US-Militärs Bilder fotogener kurdischer SDF-Kämpferinnen.

Die Offensive auf Rakka würde auch die Ausrüstung der SDF mit schweren Waffen erfordern, doch eine solche Unterstützung würde Erdogan noch mehr verärgern: Mehr als die Hälfte der SDF-Kämpfer kommen von der Kurdenmiliz YPG.

Eine Lösung für das Dilemma wird dadurch erschwert, dass sich die neue US-Regierung von Donald Trump bisher nicht auf eine Marschroute in Syrien festgelegt hat. Im Wahlkampf hatte Trump ein rigorores Vorgehen gegen den IS angekündigt. Ein von Trump angeforderter Schlachtplan des Verteidigungsministeriums wird derzeit intern diskutiert und könnte laut Medienberichten die Entsendung zusätzlicher amerikanischer Bodentruppen nach Syrien vorsehen. Ein stärkeres US-Engagement in Syrien würde jedoch nicht die Frage nach der Rolle der Kurden dort beantworten oder Klarheit darüber bringen, wer in den von dem IS befreiten Gebieten künftig herrschen soll.

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