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Politik: Sparer in der Koalition setzen sich durch

Kabinett will Mittel für Investitionsprogramm nicht erhöhen / Familien mit Kindern bekommen mehr

Berlin/Genshagen - Mit einem Wachstumspaket in Höhe von 25 Milliarden Euro hat sich die Bundesregierung rund sieben Wochen nach ihrem Amtsantritt auf ihr erstes zentrales Projekt geeinigt. Bei ihrer Klausurtagung im brandenburgischen Genshagen verständigte sich die große Koalition zudem auf die Einführung eines Elterngeldes von 2007 an, das vor allem in der Union lange umstritten war. Die Lohnersatzleistung soll 67 Prozent des letzten Nettoverdienstes, maximal aber 1800 Euro monatlich betragen. Auch im Streit über die steuerliche Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten zeichnete sich eine Einigung ab.

Durch das Investitionspaket erhofft sich die Regierung für die nächsten Jahre einen deutlichen Wachstumsschub. Ziel sei es, der leicht anziehenden Konjunktur Schwung zu geben, sagte Vizekanzler Franz Müntefering (SPD). Gleichzeitig stellte er klar, dass das Volumen des Pakets nicht erhöht werden könne. „Die 25 Milliarden sind vereinbart“, sagte er. Am Wochenende hatte SPD-Generalsekretär Hubertus Heil dafür plädiert, dass „noch eine Schippe draufgelegt wird“. Zum Wachstumspaket gehören etwa die steuerliche Absetzbarkeit bestimmter Handwerksleistungen und von Ausgaben für Kinderbetreuung sowie Verkehrsinvestitionen und bessere Abschreibungsmöglichkeiten für Firmen.

Im Streit über die Familienförderung sagte die zuständige Ministerin Ursula von der Leyen (CDU), sie habe mit Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine „intelligente Lösung“ gefunden. Die „Beschäftigung rund um den Haushalt“ solle gefördert werden. Dazu zähle auch die Anstellung einer Tagesmutter. Zahlen nannte die Ministerin nicht. Sie sagte nur, Eltern mit kleinen Kindern sollten stärker gefördert werden. Damit deutete sie an, dass es eine Stufenlösung geben könnte: Familien mit Kleinkindern könnten demnach höhere Betreuungskosten von der Steuer absetzen. Während von der Leyen gefordert hatte, dass Eltern 1500 Euro im Jahr absetzen können, hatte Steinbrück für maximal 1000 Euro plädiert. Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa beträgt der Finanzrahmen für die Familienförderung im nächsten Jahr 460 Millionen Euro. Die Ausgestaltung der Förderung liege nun im wesentlichen in der Verantwortung der Familienministerin.

Bei der zweitägigen Tagung sollen laut Müntefering auch die strittige Themen wie die geplante Gesundheitsreform, Staatszuschüsse für Geringverdiener in Form von Kombilöhnen sowie existenzsichernde Mindestlöhne angesprochen werden. Das Kabinett will eine Arbeitsgruppe einsetzen, die sich mit Beschäftigung im unteren Einkommensbereich und der Frage befassen soll, ob sich mit Kombilöhnen neue Jobs schaffen lassen. Die Union hatte sich in den Koalitionsverhandlungen für staatliche Lohnzuschüsse stark gemacht. Im Gegenzug kommt sie nun der SPD bei den Mindestlöhnen entgegen. CDU-Fraktionschef Volker Kauder sagte, es müsse sichergestellt werden, dass der Niedriglohnsektor nicht ausgenutzt werde. Menschen dürften nicht zu Dumpinglöhnen arbeiten.

Am Wochenende hatte Merkel Mindestlöhne als Voraussetzung für Kombilöhne bezeichnet. Unterstützung kam von den Gewerkschaften: DGB-Chef Michael Sommer sagte, er könne sich mit Mindestlohn gepaarte Kombilöhne als Einarbeitungszuschüsse vorstellen. Sozialversicherungspflichtige Jobs müssten jedoch ohne dauerhafte staatliche Subventionen geschaffen werden. Kritiker fürchten, dass Kombilöhne den Staat Milliarden kosten.

Zudem verständigte sich das Kabinett darauf, „zu Beginn des zweiten Quartals“ 2006 bei einem Energiegipfel mit der Wirtschaft über Weichenstellungen für die deutsche Strom- und Wärmeversorgung zu beraten. Über das strittige Thema Atomausstieg und Restlaufzeiten wurde nicht gesprochen. Dass mehrere Ministerpräsidenten der Union im Vorfeld einen Aufschub des Atomausstiegs gefordert hatten, sorgte beim Koalitionspartner SPD für Ärger. Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck kritisierte die Äußerungen als Störmanöver, die „nicht nur ärgerlich, sondern eine Ungehörigkeit“ seien. Politiker von CDU und CSU versuchten, sich zu profilieren, um Merkel nicht stark werden zu lassen. Tsp

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