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Politik: Spaziergang am Bosporus (Kommentar)

Scharpings Reise in die Türkei glich einem Spaziergang. Die EU hatte eine Woche zuvor beschlossen, die Türkei als Beitrittskandidaten anzuerkennen - und beendete damit die Eiszeit, die seit dem Luxemburger Gipfel herrschte, bei dem man der Türkei die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte.

Scharpings Reise in die Türkei glich einem Spaziergang. Die EU hatte eine Woche zuvor beschlossen, die Türkei als Beitrittskandidaten anzuerkennen - und beendete damit die Eiszeit, die seit dem Luxemburger Gipfel herrschte, bei dem man der Türkei die Tür vor der Nase zugeschlagen hatte. Eine Überprüfung der türkischen Fortschritte in Sachen Menschenrechte und anderen EU-Kriterien stand nach so kurzer Zeit noch nicht an. Ebensowenig wie eine Entscheidung über die Lieferung deutscher Panzer. Angeblich testen die Türken noch, ob ihnen das deutsche Modell überhaupt gefällt. So brauchte man sich keine bitteren Wahrheiten zu sagen, sondern konnte ungetrübte Freundschaft zelebrieren. Scharping heimste den Dank der türkischen Regierung dafür ein, dass Deutschland die treibende Kraft hinter der EU-Entscheidung war, der Türkei die Hand auszustrecken. Dennoch wurde auch bei diesem Besuch deutlich, wie viel Unverständnis oft zwischen Westeuropäern und Türken herrscht. So wollte die türkische Armeeführung partout nicht verstehen, warum es unter einer rot-grünen Regierung in Deutschland Bedenken dagegen gibt, Panzer in ein Land zu liefern, das diese eventuell gegen eine Minderheit einsetzt. Und die völlig illusorische Hoffnung Ecevits, sein Land könne schon in drei bis vier Jahren Vollmitglied der EU werden, muss auch die Befürworter der Entscheidung von Helsinki erschreckt haben. Den Beziehungen zwischen der EU und der Türkei stehen also noch so manche Konfrontation und Enttäuschung bevor - auch das wurde bei Scharpings Spaziergang nach Ankara deutlich.

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