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Struck

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SPD: Auf Schlingerkurs

Er gibt sich demonstrativ unbekümmert. Doch der Fraktionsvorsitzende Peter Struck versucht vergeblich, die Debatte über Koalitionen mit der Linkspartei in der SPD zu stoppen.

Im Richtungsstreit über den Umgang mit der Linkspartei büßen immer mehr führende SPD-Politiker Autorität ein. Nachdem sich die stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Peer Steinbrück und Frank-Walter Steinmeier im SPD-Parteirat Illoyalität gegenüber dem erkrankten SPD-Chef Kurt Beck hatten vorwerfen lassen müssen, scheiterte SPD-Fraktionschef Peter Struck am Dienstag mit dem Versuch, eine kritische Debatte der SPD-Bundestagsabgeordneten über den Kurs der Hessen-SPD zu unterbinden.

Wäre es nach Struck gegangen, dann hätten sich die SPD-Abgeordneten in ihren Äußerungen auf den Umgang mit der Linken im Bund beschränkt. So hatte er es mit den Mitgliedern des Fraktionsvorstands am Montag verabredet – getreu der Beschlusslage der Partei, wonach über Koalitionen und Kooperationen allein die SPD-Landesverbände zu entscheiden haben. Und zwar auch dann, wenn es sich um Koalitionen und Kooperationen mit der Linkspartei handelt. Doch die im „Seeheimer Kreis“ zusammengeschlossenen Abgeordneten vom rechten SPD-Flügel mochten am Tag darauf nicht schweigen zum erklärten Vorhaben der hessischen SPD-Vorsitzenden Andrea Ypsilanti, sich notfalls mit den Stimmen der Linkspartei in Wiesbaden zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen.

Die Fraktionssitzung hatte noch nicht begonnen, da meldete sich vor laufenden Kameras Bundestagsvizepräsidentin Susanne Kastner zu Wort: Zwar müsse man „wohl akzeptieren“, das die Entscheidung in den Ländern getroffen werde, begann die SPD-Abgeordnete. Glücklich könne sie über die Weichenstellung in Hessen aber nicht sein, im Gegenteil: „Das bringt einen Glaubwürdigkeitsverlust bis zu Bundestagswahl ohnegleichen.“ Nach Kastner trug „Seeheimer“-Sprecher Klaas Hübner seinen Angriff vor: „Ich würde es für einen Fehler halten, wenn man sich gerade in Hessen mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen würde.“ Wer sich vor der Wahl klar festgelegt habe, der tue danach gut daran, sich an diese Festlegung zu halten: „Das ist eine Frage der Glaubwürdigkeit.“ Das Vorgehen der Hessen-SPD werde deshalb noch zu „heftigen Diskussionen“ führen. Für Interviewäußerungen dieser Güteklasse war SPD-Vize Steinbrück am Montag im Parteirat noch scharf kritisiert worden, hatten weite Teile der SPD darin doch einen Angriff auf SPD-Chef Beck und dessen Kurs gesehen.

Struck selbst gab sich vor Beginn der Fraktionssitzung demonstrativ unbekümmert. Er sei sich sicher, dass die SPD-Abgeordneten die Beschlüsse des SPD-Vorstands und des SPD-Parteirats mittragen werden, wonach in den Ländern entschieden wird. Dies sei eine „Selbstverständlichkeit“, sagte er. Die Entscheidungsbefugnis der Länder sei „völlig unstrittig“. Über eine von der Linken geduldete rot-grüne Minderheitsregierung werde deshalb nicht in Berlin, sondern in Hessen entschieden.

Dann kam der Fraktionschef auf das zu sprechen, was nach den Befürchtungen der „Seeheimer“ den Wählern bis zur Bundestagswahl nur noch schwer zu vermitteln sein wird: Die klare Absage der SPD an die Linke im Bund. Es werde keine Koalition mit der Linkspartei geben, solange diese bei ihren Positionen bleibe, versicherte Struck und begründete dies mit der Unvereinbarkeit in der Außenpolitik. Die Positionen der Linken würden „außenpolitisch zu einer fürchterlichen Isolation Deutschlands führen“.

Ein paar Schritte weiter, vor den Räumen der CDU/CSU-Fraktion, warf Unionsfraktionschef Volker Kauder dem Koalitionspartner unterdessen „außerordentlichen Wortbruch“ vor, Besonders bedauerlich sei es, dass SPD-Chef Beck diese Entwicklung befördert, ja „angeheizt“ habe. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla erklärte: „Der Wortbruch hat jetzt einen Namen: Er heißt Ypsilanti.“

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