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SPD: Die Angst vor den Sofa-Genossen

Die Sozialdemokraten suchen nach einem Mittel gegen die Wahlmüdigkeit ihrer Klientel. Bei der Europawahl am Sonntag waren das besonders viele

Berlin - Nichts macht der SPD-Führung derzeit größere Sorgen als das Beharrungsvermögen der Sofa-Genossen. So nennen Sozialdemokraten jenen Teil ihrer Klientel, der bei Wahlen öfter mal zu Hause sitzen bleibt. Bei der Europawahl am Sonntag waren das besonders viele, weshalb in der Parteispitze jetzt angestrengt darüber nachgedacht wird, wie man bei der Bundestagswahl am 27. September möglichst viele Anhänger zur Stimmabgabe bewegen kann.

Eine erste Antwort lieferte am Dienstag der linke Flügel der Partei. Um ein Desaster wie das vom Sonntag zu verhindern, sollen zögerliche SPD-Wähler mit Warnungen vor den Folgen einer schwarz-gelben Koalition im Bund aufgerüttelt werden. „Die Bundestagswahl muss zu einer Volksabstimmung darüber werden, ob mit Schwarz-Gelb die ideologischen Wegbereiter der Krise als Gewinner aus der Situation hervorgehen“, erklärt der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning. Dazu müsse die SPD im Wahlkampf deutlich machen, was eine schwarz-gelbe Regierung bedeute: „Keine Mindestlöhne, kein Festhalten am Atomausstieg und Steuerentlastungen auf Kosten der sozial Schwächeren.“

Auch Schleswig-Holsteins SPD-Vorsitzender Ralf Stegner glaubt, dass das Schreckensbild einer Koalition von Union und FDP die SPD-Wählerschaft an die Wahlurnen treiben kann. Stegner plädiert deshalb ebenfalls für einen „stark polarisierenden Wahlkampf“ gegen CDU, CSU und Freidemokraten. Das Problem der SPD beim Kampf gegen Schwarz-Gelb ist allerdings, dass ihr Kandidat Frank-Walter Steinmeier nach gegenwärtigem Stand nur dann eine Chance hat, Kanzler zu werden, wenn er mit der FDP eine Ampelkoalition eingeht. Diese Machtoption will Steinmeier nicht aufgeben. Die Möglichkeit einer Ampel wird den Wählern aber kaum noch realistisch oder gar verlockend erscheinen, wenn die SPD im Wahlkampf mit aller Härte gegen die FDP vorgeht.

Manchen auf dem linken SPD-Flügel halten die Kampfansage an Schwarz- Gelb ohnehin nicht für ausreichend, um Wähler zurückzugewinnen. Der Sprecher der Parlamentarischen Linken (PL) in der SPD-Bundestagsfraktion, Ernst Dieter Rossmann, fordert, die SPD müsse ihren „Markenkern“ der sozialen Gerechtigkeit wieder stärker herausstellen. Dazu solle die SPD ein „Sozialpaket“ auflegen, wird Rossmann in der „Rheinischen Post“ zitiert. Der PL-Sprecher wünscht sich neben neuen Bildungsinvestitionen und höheren Hartz-IV-Sätzen für Kinder auch eine Zwangsabgabe für Reiche.

Der Sprecher des im „Seeheimer Kreis“ organisierten rechten SPD-Flügels, Klaas Hübner, warnt hingegen:  „Ich glaube, wir müssen den eingeschlagenen Kurs beibehalten. Aktionismus bringt uns momentan nicht weiter.“ Die SPD müsse als „Sachverwalter einer soliden Zukunftspolitik“ auftreten und dabei stets die Finanzierbarkeit des Staates im Auge behalten, sagte Hübner: „Die Menschen haben Angst vor Inflation und deswegen auch vor zu hohen Schulden.“ Stephan Haselberger

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