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SPD-Hessen: Ypsilantis Schatten

Nochmal will Andrea Ypsilanti sich den Wählern nicht als Spitzenkandidatin stellen. Das soll jetzt Thorsten Schäfer-Gümbel übernehmen. Für einen Neuanfang steht er nicht - auch weil eine andere die Fäden in der Hand halten wird.

Eines muss klargestellt werden: mit jenem Emporkömmling aus Hoffenheim in der Fußball-Bundesliga hat Thorsten Schäfer-Gümbel nichts zu tun. Der Verdacht könnte entstehen, wenn man weiß, dass Schäfer-Gümbel in der hessischen SPD auch einfach „TSG“ genannt wird. Der Einfachheit halber, weil Schäfer-Gümbel viel zu lang ist. Außerdem klingt es sportlich und soll auch sein Image als frisches, junges Gesicht der Politik unterstreichen. 39 Jahre ist Schäfer-Gümbel erst – und damit einer der jüngsten Spitzenkandidaten, den die hessische SPD je in einen Wahlkampf geschickt hat. Allerdings, und das macht die Aufgabe des im Allgäu geborenen Schäfer-Gümbel nicht einfacher, ist es kein Wahlkampf wie jeder andere. Schäfer-Gümbel muss dem Wähler erklären, warum man eine Partei wählen soll, die versuchte, mit einem Wortbruch an die Macht zu kommen – und dabei zweimal scheiterte. Die Strategie des studierten Politikwissenschaftlers aus der mittelhessischen Kleinstadt Gießen kommt einem bekannt vor. Auch Andrea Ypsilanti baute darauf: Auf die Inhalte kommt es an.

An denen hat er selbst federführend mitgearbeitet. Als rhetorisch begabt wird er beschrieben, einer, der seit längerem in der hessischen SPD als Nachwuchstalent gilt. Ob er sich allerdings einen Gefallen getan hat, in dieser Situation ins Rennen zu gehen, wo es nicht viel für die hessische SPD zu gewinnen gibt, bleibt abzuwarten. „Jetzt erst recht“ – nach diesem Motto will er erneut für die Ablösung Kochs kämpfen. „Die Partei weiß, dass sie nach 90 Minuten Spiel, Verlängerung und Elfmeterschießen noch einmal antreten muss“, sagt er. Sie nehme aber die Herausforderung an.

Der großgewachsene dreifache Vater ist trotz seines jungen Alters ein südhessisches Urgestein. Seit 1986 ist er Parteimitglied und seitdem fest in der Funktionärsebene des linken SPD-Bezirks verankert. Er war Juso-Bezirksvorsitzender Hessen-Süd und stellvertretender Landesvorsitzender der SPD-Jugendorganisation. Seit 2001 ist er stellvertretender Vorsitzender der Südhessen-SPD. Schäfer- Gümbel gehört dem Landtag seit 2003 an und ist Sprecher der SPD-Fraktion für Industrie- und Beschäftigungspolitik sowie für Forschung und Technologie.

Schäfer-Gümbel gilt als enger Vertrauter Andrea Ypsilantis. Wobei man den Begriff nicht überstrapazieren sollte. Weder im Schattenkabinett vor der Landtagswahl im Januar diesen Jahres noch im Kabinett der angestrebten, aber gescheiterten Minderheitsregierung hatte Ypsilanti Platz für ihn. Trotzdem stand er ihr loyal zur Seite. Auch weil er als jemand gilt, der die SPD nach links öffnen will.

Freunde aus dem eigenen politischen Lager, aber auch Vertreter aus dem reformorientierteren Lager bezeichnen ihn als kontaktfreudig, einen Mann ohne Scheuklappen. Eine Integrationsfigur. Allerdings eine, bei der fraglich ist, ob er trotz seiner Verbundenheit im linken Lager wirklich genug Rückendeckung hat.

„Er genießt hohes Ansehen in der Partei und viele kommen gut mit ihm aus“, sagt der SPD-Abgeordnete Marius Weiß. Doch trotz der bekundeten Unterstützung für Schäfer-Gümbel rätselt die Partei auch, warum Manfred Schaub, der Chef der nordhessischen SPD, nicht angetreten ist. Seit Tagen wurde er als Favorit gehandelt, wenn Ypsilanti auf die Spitzenkandidatur verzichten sollte. Doch er winkte ab. Viele vermuten, dass er nur ins Rennen gegangen wäre, wenn Ypsilanti auch auf den Posten der Parteichefin verzichtet hätte. Das aber lehnte sie ab. „Dass es Schaub nicht wurde, war überraschend, aber nachvollziehbar“, sagt Patrick Koch, ebenfalls Abgeordneter und Teilnehmer der Parteiratssitzung. Dass ein kompletter Neuanfang erst mal ausblieb, müsse man verstehen, sagt Koch. „Die Partei braucht Zeit. Wir müssen erst mal die Landtagswahlen abwarten.“

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