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Politik: SPD hofft auf die Sofawähler

Bei der Kommunalwahl in NRW muss die Union mit Verlusten rechnen. Profitieren könnten die Grünen

Jürgen Rüttgers will sich die gute Stimmung nicht verderben lassen. Sicher, sein Generalsekretär Hans Joachim Reck hatte dem politischen Gegner eine schöne Vorlage geliefert. Die absolute Mehrheit 1999 sei ein „Ausnahmeergebnis“ gewesen, man müsse am heutigen Sonntag mit dem einen oder anderen Verlust rechnen. „Die CDU muss von einem sehr hohen Baum nach unten“, hatte darauf SPD-Landeschef Harald Schartau gesagt. „Die CDU kämpft, die Stimmung ist gut“, hielt Rüttgers tapfer gegen, fügte allerdings einen Satz an, der CDU-Chefin Angela Merkel aufhorchen ließ. „Da kann ich mich nicht beklagen“, sagte der NRW-Unionschef auf die Frage, ob er genügend Unterstützung von den Spitzen der Union bekomme – was im Umkehrschluss bedeutet, dass ein weniger gutes Ergebnis nicht allein bei ihm abzuladen wäre.

In der Tat sagen die professionellen Wahlforscher voraus, dass die Union trotz eines insgesamt guten Ergebnisses mit kräftigen Verlusten wird rechnen müssen. 1999 holte die CDU mit 50,3 Prozent an Rhein und Ruhr ein Rekordergebnis. Die CDU stürmte damals die Rathäuser in 14 von 23 Großstädten und gewann 29 von 31 Kreisen. Dass die niedrige Wahlbeteiligung und vor allem die massenhafte Enthaltung der sozialdemokratischen Klientel diesen Erdrutsch ermöglicht hatten, nahm sie weniger zur Kenntnis.

Inzwischen bröckelt die CDU-Mehrheit in den Kommunen. In großen Städten wie Köln haben die Christdemokraten vor allem durch Affären aufhorchen lassen. In der Landeshauptstadt Düsseldorf tritt die CDU mit Amtsinhaber Joachim Erwin an, der sich selbst zwar für unschlagbar hält, aber damit rechnen muss, dass seine falschen Steuererklärungen und sein selbstherrlicher Politikstil der sozialdemokratischen Gegenkandidatin Stimmen zutreiben werden. Profitieren werden in den Städten vor allem die Grünen. Trotz einer Koalition mit der wenig strahlenden CDU werden den Alternativen in Köln mindestens 20 Prozent vorausgesagt. Dagegen dürfte die FDP kaum eine Rolle spielen.

Für die SPD werden zwei Fragen entscheidend sein: Schafft sie es, die zwei Millionen so genannten Sofawähler wieder zu mobilisieren, die sich enthalten hatten? Und wie viel verliert sie an linke Gruppierungen? Noch vor einigen Wochen hatten die führenden Sozialdemokraten große Sorgen, dass die traditionell gewerkschaftlich orientierte Klientel vor allem im Ruhrrevier die eine oder andere linke Liste unterstützt. Seit die Montagsdemonstrationen fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden und sich das Meinungsklima in der Republik wandelt, meinen die Genossen Aufwind zu spüren. „Ich bin gebremst optimistisch“, wiederholt Ministerpräsident Peer Steinbrück seit Wochen. Er vertritt – im Gegensatz zu Jürgen Rüttgers – den Reformkurs offensiv und würde sich über ein Ergebnis auf dem Niveau von 1999 freuen. Damals machten noch rund 34 Prozent der Wähler ihr Kreuz bei der SPD.

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