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Jüttner

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SPD: Jüttner gegen Goliath

Der niedersächsische SPD-Spitzenkandidat Wolfgang Jüttner hat ein halbes Jahr vor der Landtagswahl einen schweren Stand.

Wolfgang Jüttner, der Spitzenkandidat der SPD für die niedersächsische Landtagswahl am 27. Januar 2008, hat es gleich doppelt schwer: Seine Partei schwächelt auch in diesem Land, das einst als Hochburg der Sozialdemokraten galt, und der Amtsinhaber, Ministerpräsident Christian Wulff, genießt eine hohe, anscheinend ständig wachsende Popularität. Während sich Wulff mit leisen Tönen und landesväterlicher Pose durch das Land bewegt, wirkt Jüttner ratlos. Wie soll er bei diesen Voraussetzungen punkten können?

Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl können sich Union und FDP in Niedersachsen zurücklehnen. Die Umfragen bescheinigen beiden Parteien eine stabile Mehrheit. Vor viereinhalb Jahren hatte Wulff die damals 13 Jahre lang ununterbrochen regierende SPD abgelöst. Die neue christlich-liberale Regierung setzte sofort ein rigoroses Sparprogramm durch, schaffte die Bezirksregierungen ab und änderte das Schulsystem, so dass die Kinder jetzt wieder nach Klasse vier in Gymnasium, Real- und Hauptschule verteilt werden. Drastische Kürzungen wurden beschlossen, beispielsweise im Sozialetat, das Weihnachtsgeld für Beamte wurde erst halbiert und dann ganz gestrichen.

Während Wulff heute betont, die Erfolge dieser Politik ließen sich in den neuesten, zufrieden stellenden Haushaltszahlen ablesen, wird Jüttner nicht müde, die Politik der Regierung als „unsozial“ zu brandmarken. Allerdings ist es für den Sozialdemokraten schwer, mit solchen Auftritten die Leute mitzureißen. Rechtzeitig vor der Wahl, begleitet von sprudelnden Steuereinnahmen, hat Wulff die härtesten Einschnitte wieder rückgängig gemacht. Das Landesblindengeld, das erst abgeschafft wurde, wird inzwischen wieder gezahlt. Und für die Beamten gibt es zum Jahreswechsel erstmals seit vielenJahren wieder eine Gehaltsanhebung.

Jüttner nennt Wulff nun wiederholt einen „Anscheinserwecker“ und meint, hinter der milden Fassade des Ministerpräsidenten verberge sich eine zutiefst unsoziale Politik. Gefragt nach praktischen Beispielen, muss Jüttner aber einräumen, dass Wulff auf vielen Feldern die Kurve gekriegt hat.

Zu dem Problem, die christlich-liberale Regierung inhaltlich zu stellen, kommt noch ein taktisches hinzu: Solange die Umfragen eine stabile Mehrheit für die gegenwärtige Koalition andeuten und die FDP keinerlei Anstalten macht, sich auf eine Ampelkoalition einzulassen, bleibt für Jüttner nur die Hoffnung auf einen Erfolg der Linken bei der Landtagswahl. Diese Partei, deren Landesverband vom quirligen früheren Frankfurter SPD- Politiker Diether Dehm geführt wird, hat es zwar traditionell schwer in Niedersachsen. Auch bei der Bundestagswahl war sie unter der Fünf-Prozent-Hürde geblieben. Sollte aber der bundesweite Aufwärtstrend der Linkspartei anhalten, könnte sie es auch knapp in den Landtag schaffen. Rechnerisch könnte es womöglich zu einem rot-rot-grünen Bündnis reichen. Der Frage einer möglichen Zusammenarbeit ist Jüttner bisher ständig ausgewichen. Er sagte, die Linken könnten nicht in den Landtag kommen – er lehne es ab, sich mit der „rein theoretischen“ Frage zu beschäftigen.

Die CDU nutzt jede Gelegenheit, auf dieser, wie sie meint, unentschlossenen Position Jüttners herumzureiten. Jüttner, sagt etwa CDU-Landtagsfraktionschef David McAllister, habe seit jeher eine Nähe zu den Linken in der SPD – folglich auch zu denen, die gegenüber Bündnissen mit der Linkspartei aufgeschlossen sind. Und die Grünen hätten mit ihrer neuen Spitzenkandidatin Ursula Helmhold die Koalitionsfrage ganz bewusst offengelassen.

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