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Die potenziellen Kandidaten der SPD: Steinmeier, Steinbrück, Gabriel (v. l.)

© dpa

SPD-Kanzlerkandidat: Drei Mann in einem Rot

Kandidatendebatten schon Jahre vor einer Bundestagswahl sind in der Regel wenig hilfreich - sowohl für die Partei als auch für die Auserkorenen. Bei der SPD ist das derzeit anders.

Von Hans Monath

Aus freien Stücken wollte Sigmar Gabriel das wichtige Thema nicht ansprechen, als er am Montagmittag im Willy-Brandt-Haus vor die Presse trat. Statt das Werben Helmut Schmidts für eine Kanzlerkandidatur von Ex-Finanzminister Peer Steinbrück vom Wochenende zu kommentieren, berichtete der SPD-Chef zunächst ausführlich von einem Treffen der Parteispitze mit türkischen Intellektuellen und kritisierte die verwirrenden Botschaften der Bundesregierung zur Euro-Rettung und zu Steuersenkungen („ein echter Turbolader für Politikverachtung in unserem Land“).

Erst als er konkret nach Steinbrück und Schmidt gefragt wurde, gab Gabriel dann auch zur jüngsten Volte der Debatte um den künftigen SPD-Kanzlerkandidaten Auskunft: Es bleibe dabei, dass er als Parteichef um die Jahreswende 2012/2013 einen Vorschlag machen werde, kündigte er an. Schließlich habe es zwar eine Empfehlung des Altkanzlers gegeben, aber keineswegs sei ein Kandidat ausgerufen worden. Und wenn nun über sozialdemokratische Alternativen zur Kanzlerschaft Angela Merkels gesprochen werde, sei das für die SPD doch eine „sympathische und hilfreiche Debatte“, versicherte Gabriel.

Tatsächlich können die Sozialdemokraten von einer Debatte über einen sozialdemokratischen Nachfolger von Angela Merkel gegenwärtig profitieren. Vor zwei Jahren wäre ein solcher Gedanke angesichts des Bundestagswahlergebnisses von 23 Prozent noch als absurd erschienen. Doch Teile der Partei halten den Aufschlag von Schmidt und Steinbrück mit Interviewbuch („Zug um Zug“), „Spiegel“-Titel und Talkrunde bei Günther Jauch nicht für ganz so harmlos, wie ihn Gabriel darstellte. Dass der Ex-Finanzminister Menschen jenseits des traditionellen SPD-Milieus anspricht, zeigte am Sonntag das Interesse von 5,6 Millionen Zuschauern, die der Jauch-Sendung einen Rekord bescherten. Vertreter der Parteilinken wie Juso-Chef Sascha Vogt und Landesparteichef Ralf Stegner aus Kiel aber zeigten sich empört und warnten, die Parteigremien zu übergehen.

Andere Sprecher des linken Flügels gaben sich am Montag gelassener. Keineswegs sei die Parlamentarische Linke durch Schmidts Lob für Steinbrück („Er kann es“) verstört, versicherte deren Sprecher Ernst Dieter Rossmann dem Tagesspiegel: „Irritieren tut uns nichts.“ Für die Wahl des Kandidaten bleibe es beim Zeitplan des Parteichefs, vor den Personalfragen müssten die Inhalte geklärt werden, sagte der Abgeordnete. Zudem werde die SPD bei der Bundestagswahl nicht nur mit einem Spitzenkandidaten, sondern mit einem Team antreten.

Die konservativen Sozialdemokraten vom „Seeheimer Kreis“ widerstanden umgekehrt der Versuchung, schon einen Etappensieg ihres Favoriten Steinbrück zu verkünden. „Wir haben drei potenzielle Kanzlerkandidaten, die alle ihre besonderen Stärken haben“, sagte „Seeheimer“-Sprecherin Petra Ernstberger. Ihr Parteiflügel wolle Gabriel keine Empfehlungen für einen bestimmten Kandidaten geben: „Die Entscheidung fällt der Parteivorsitzende.“

Die drei potenziellen Kandidaten, die Ernstberger ansprach, sind neben Steinbrück Parteichef Gabriel selbst sowie Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier. Dieser reagierte ebenfalls gelassen auf Schmidts Steinbrück-Lob. „Das sind zwei Menschen, die ich sehr schätze“, sagte er in der ARD. Was Gabriels eigene Ambitionen angeht, sind viele SPD-Politiker inzwischen überzeugt, der Parteichef werde auf eine eigene Kandidatur verzichten, weil er wisse, dass ihm die Wähler zu wenig Seriosität zuschreiben.

Auch die pragmatischen „Netzwerker“ in der SPD, traditionell Unterstützer sowohl Steinbrücks wie auch Steinmeiers, wollten das Altkanzler-Lob für den Ex-Finanzminister am Montag nicht als Vorentscheidung werten. „Die große Resonanz auf den Auftritt der beiden zeigt die tiefe Sehnsucht der Menschen nach Seriosität und gutem Regieren“, sagte ihr Sprecher Christian Lange. Für die Bundesregierung gelte nämlich: „Die kriegen nix hin.“

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