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Steinmeier

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SPD-Kanzlerkandidat: Große Koalition der Kritik an Steinmeier

SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier verspricht Vollbeschäftigung bis 2020 - die Union nennt das Planwirtschaft, die Opposition Produktpiraterie.

Von Matthias Meisner

Berlin - Der Kanzlerkandidat der SPD, Frank-Walter Steinmeier, hat für sein Versprechen, in den kommenden zehn Jahren vier Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen, fast durchweg Hohn und Spott geerntet. Politische Gegner aus allen Parteien hielten Steinmeier, der seine Pläne an diesem Montag in Berlin als „Deutschland-Plan“ offiziell vorstellen will, Fantastereien und fehlende Vorschläge zur Gegenfinanzierung vor.

Unionspolitiker fühlten sich an die Planwirtschaft der DDR erinnert. CSU-Chef Horst Seehofer erklärte dem „Handelsblatt“, das simple Ausgeben von Zielmarken „erinnert mich doch sehr stark an die Illusionen der sozialistischen Planwirtschaft: Das ist doch Fantasialand.“ Der CDU-Arbeitsmarktexperte Ralf Brauksiepe sagte dem Tagesspiegel, selbstverständlich brauche man Innovation, einen vernünftigen Energiemix mit erneuerbarer Energie und mehr Gesundheitsleistungen. „Was wir für diese Bereiche aber nicht brauchen, sind Fünf- oder Zehn-Jahres-Pläne“. Momentan wisse keiner, wann Deutschland aus der Krise heraus sei. Es sei „völlig unseriös, eine bestimmte Arbeitslosenzahl bis zu einem bestimmten Jahr zu versprechen“, dieses „typische sozialistische planwirtschaftliche Denken“ bringe überhaupt nicht weiter. Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) mahnte: „Die Menschen sind es leid, immer zu Wahlkampfzeiten mit Versprechen überschüttet zu werden.“ FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sprach von einem „Akt der Verzweiflung“.

Grüne und Linkspartei warfen der SPD vor, Forderungen nach Programmen für neue Jobs von ihnen übernommen zu haben, ohne etwas zur Finanzierung zu sagen. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin sprach von „Produktpiraterie und lautstarken Überbietungsversuchen“. Während die Grünen „ebenso konkret wie konservativ“ für die nächste Wahlperiode rechneten, „macht die SPD wolkige Versprechungen, in den nächsten zehn Jahren die Arbeitslosigkeit auf Null zu bringen“. Linkspartei-Vizechef Klaus Ernst meinte, es sei „eine Binse, dass wir mehr Jobs brauchen“. Die Pläne der SPD seien „sehr schön“, nur ohne Vorschlag zur Finanzierung „äußerst unglaubwürdig“, sagte er dem Tagesspiegel. Der Bundesgeschäftsführer der Partei, Dietmar Bartsch, ergänzte, Vorschläge der Linken für eine Millionärssteuer, eine Anhebung des Spitzensteuersatzes und eine Reform der Erbschaftssteuer lägen auf dem Tisch.

Mit der Zielvorgabe Vollbeschäftigung will Steinmeier die Aufholjagd zur Bundestagswahl in acht Wochen starten – und das nach der Dienstwagenaffäre von Ulla Schmidt und Kritik an seiner Wahlkampfmannschaft, die von der SPD-Ministerriege dominiert wird. Wahlforscher äußerten sich am Wochenende skeptisch zu den Aussichten der Partei. Ihr fehle ein großes Gewinnerthema. Andererseits sei das Motiv für unentschlossene Wähler, 2005 doch wieder SPD zu wählen, klar mit Gerhard Schröder verbunden gewesen. „Der fehlt aber heute“, meinte Forsa-Chef Manfred Güllner. Der Politikwissenschaftler Peter Lösche sagte dem Tagesspiegel, die SPD habe Kanzlerin Angela Merkel unterschätzt. „Der SPD ist es nicht gelungen, sich in der großen Koalition zu profilieren.“

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