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Öffentliches Image. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück arbeitet hart daran, das Bild des arroganten Besserwissers zu korrigieren.

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SPD-Kanzlerkandidat: Peer Steinbrück in linker Mission

Kanzlerkandidat Peer Steinbrück arbeitet daran, das Bild vom arroganten Besserwisser abzuschleifen und die Kluft zur Partei zu überbrücken.

Von Hans Monath

An seinem Image als ein Politiker, der ohne Rücksicht auf die eigene Partei Klartext redet, hat Peer Steinbrück viele Jahre lang gearbeitet. In seinem Buch „Unterm Strich“ kam der Ex-Finanzminister 2010 zu dem Urteil, dass der Hinweis auf die inneren Widersprüche des Sozialstaats für seine eigene Partei „starker Tobak“ sei. Zugleich beharrte er darauf, ein selbstbewusster Politiker dürfe sich nicht zum Diener seines Parteimilieus machen und sich „von seiner Realitätsdiagnose nichts abkaufen“ lassen.

Seit er Ende September zum Kanzlerkandidaten ausgerufen wurde, arbeitet der 65-Jährige nun hart daran, das Bild vom arroganten Besserwisser abzuschleifen und die Kluft zur Partei zu überbrücken. „Er hat verstanden, dass die SPD auch ein Kampfinstrument ist, das ihn zum Bundeskanzler machen kann“, sagt respektvoll ein Vertreter des linken Parteiflügels, mit dem er sich früher beharkte.

Nicht nur mit der Parteilinken, auch mit den organisierten Frauen in der SPD, den Jusos und den Gewerkschaften tat sich der studierte Ökonom Steinbrück schwer. Bei nicht öffentlichen und öffentlichen Auftritten hat der Kandidat den Interessengruppen nun Angebote gemacht, die teils in einem Spannungsverhältnis zu früheren Positionen stehen. In Bezug auf Forderungen nach einem Mindestlohn und einer Frauenquote hatte er seine Meinung aber schon vor der Ausrufung geändert.

Den gedanklichen Überbau seiner einzelnen politischen Initiativen hat Steinbrück nicht variiert, seit er vor zehn Jahren von seiner Partei als Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens nominiert wurde: Er warnt vor dem Auseinanderdriften der Gesellschaft und dem Verlust von Vertrauen. Mit dieser sozialdemokratischen These hat der Ex-Finanzminister auch eher SPD-ferne Gäste seiner manchmal exklusiven Honorarvorträge konfrontiert, zumindest belegen das die öffentlich zugänglichen Quellen. Auch seine Forderung nach einer Regulierung der Finanzmärkte, der auch Banker applaudierten, hält Steinbrück für einen Beitrag zum Zusammenhalt der Gesellschaft.

Vor SPD-nahen Frauen sprach sich Steinbrück Anfang November für eine gesetzliche Frauenquote in Unternehmen aus, für die gleiche Bezahlung von Frauen und Männern für gleiche Tätigkeit sowie für ein Zurückdrängen von prekären Beschäftigungsverhältnissen, die überproportional viele Frauen eingehen. Ein eigenes politisches „Präsent“ brachte der Redner zum „Roten Frauensalon“ nicht mit.

Steinbrück und die Frauen - immer noch ein Thema.

Den Juso-Bundeskongress umwarb Steinbrück am Wochenende mit dem Eingeständnis, er habe als Finanzminister „die ein oder andere Schraube falsch gestellt“, und dem Versprechen, in sein Kompetenzteam für den Wahlkampf nicht mehr Männer als Frauen aufzunehmen. Zudem verschärfte er seine Aussage zu möglichen Koalitionsoptionen nach der Bundestagswahl und schloss für sich nicht nur eine große Koalition, sondern auch eine Ampelkoalition mit Grünen und FDP aus. Auch versprach Steinbrück die Abschaffung des Ehegattensplittings, wie es sich die Jusos erbeten hatten. In zwei Punkten beharrte er auf einen „Dissens“, nämlich bei der Ausgestaltung der geplanten Vermögensteuer bei Personengesellschaften und der Ausbildungsplatzabgabe.

Am stärksten hat der Kandidat Steinbrück sein früheres Profil bei einem Thema aufgeweicht, mit dem die SPD möglichst viele Interessengruppen ansprechen will – der Rente. Vor zwei Jahren hatte er sich klar gegen ein Abrücken von der Rente mit 67 ausgesprochen. „Man muss kein Mathematiker sein, um zu sehen, dass sich die Politik nicht auf Dauer über die Gesetze der Arithmetik hinwegsetzen kann“, hatte er gesagt. In dem Rentenbeschluss, den der SPD-Parteikonvent am Wochenende verabschieden will, ist die Rente mit 67 ebenso konditioniert wie das Absenken des Rentenniveaus bis 2030 auf 43 Prozent.

Kurz vor seiner Ausrufung zum Kandidaten hatte Steinbrück vor nicht bezahlbaren Rentenversprechen gewarnt: „Das wäre tödlich.“ Nun glaubt die SPD ein Konzept gefunden zu haben, das die Parteilinke ebenso wie die Gewerkschaften versöhnt und neben Stammwählern auch Ostdeutsche anspricht. Das Versprechen, die Ost-Renten bis 2020 auf das Westniveau anzuheben, vermarktet Steinbrück nun offensiv. „Es geht vor allem um die Gerechtigkeit“, sagte er der „Super Illu“: „Die Menschen in Ostdeutschland waren auch ihr Leben lang fleißig.“

Ein völlig neues Thema hat Steinbrück bereits mehrfach angesprochen, nämlich die Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus. Als Bundesfinanzminister trieb ihn die Not von Normalverdienern, die in Ballungszentren keinen bezahlbaren Wohnraum mehr finden, offenbar weniger um. Gegen Kritiker aus den eigenen Reihen, die Gefahren für Mieter fürchteten, setzte der Minister damals börsennotierte Immobilienfonds (Reits) durch. Die SPD-Fraktion konnte damals gegen Steinbrücks Widerstand immerhin noch erreichen, dass Reits in bestehende Mietwohnungen nicht investieren dürfen.

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