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SPD-Chef Sigmar Gabriel und SPD-Vize Hannelore Kraft bei nächtlichen Koalitionsverhandlungen mit der Union.

© Reuters

SPD-Kanzlerkandidatur: Kraft macht den Weg für Gabriel frei

Die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft galt als heiße Anwärterin auf eine SPD-Kanzlerkandidatur. Jetzt sagte sie: Ich will das nie werden. Damit ist der Weg für SPD-Chef Sigmar Gabriel frei. Was nicht nur Vorteile für ihn hat.

Der Weg für Sigmar Gabriel, bei der nächsten Bundestagswahl SPD-Kanzlerkandidat zu werden, ist frei. Seine schärfste Rivalin, SPD-Vize Hannelore Kraft, hat überraschend ihren Verzicht erklärt. In einer Sondersitzung der SPD-Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen, sagte sie Teilnehmerangaben zufolge: „Ich werde nie, nie als Kanzlerkandidatin antreten.“

In der Bundespartei wurde versucht, die Entscheidung Krafts zu relativieren. „Hannelore Kraft hat die Verbundenheit mit ihrem Landesverband und ihrem Bundesland zum Ausdruck gebracht, was sympathisch und klug ist“, sagte der SPD-Linke Ralf Stegner dem Tagesspiegel. „Allerdings sollte man in der Politik mit 'Nie-Sätzen' sehr sparsam sein, denn man kann nicht jetzt schon sagen, was in einigen Jahren sein wird.“ Stegner glaubt, dass die Entscheidung Krafts bei den Parteimitgliedern in NRW gut ankommen werde. „Jetzt warten wir trotz ihrer Absage mal ab, wie die Situation ist, wenn die Entscheidung ansteht.“ Johannes Kahrs vom Seeheimer Kreis verwies darauf, dass Kraft einen „guten Job“ als Ministerpräsidentin mache. „Und man soll niemanden zu etwas nötigen.“

Gabriel erhält derzeit viel Loben

In der SPD gab es die Vermutung, manche Mitglieder könnten die Chance sehen, nach einem etwaigen Scheitern der großen Koalition durch den SPD-Mitgliederentscheid Neuwahlen mit einer Kanzlerkandidatin Hannelore Kraft provozieren zu können. Dem hat sie nun mit ihrem Verzicht einen Riegel vorgeschoben. Gleichzeitig aber wird nun Sigmar Gabriel erst recht, ob er will oder nicht, in einer möglichen großen Koalition als Kanzlerkandidat auf Abruf unter Beobachtung stehen. Mit der Verzichtserklärung von Kraft hat sie auch eine Vorentscheidung in einer Debatte getroffen, die derzeit eigentlich gar nicht ansteht. Und sie hat Gabriel zur unumstrittenen Nummer eins seiner Partei gemacht. Sollte sich Gabriel im Mitgliederentscheid klar durchsetzen, wird er diese Position untermauern. Derzeit bekommt er für sein Agieren Lob von vielen Seiten.

So auch nach seinem Wortgefecht im „heute-journal“ mit der Moderatorin Marietta Slomka, die den Mitgliederentscheid als problematisch mit Blick auf die Verfassung kritisierte. Gabriel wies das als „Quatsch“ zurück. Viele Sozialdemokraten rechnen damit, dass dieser Auftritt Gabriel auch an der SPD-Basis nutzen wird. „Gabriel hat nicht gekniffen, und sein Auftritt wird den meisten Leuten gefallen haben, insofern hat er das gut gemacht“, sagte Stegner.

Dass der Mitgliederentscheid ein Erfolg werden könnte, zeigt auch das jüngste Politbarometer im Auftrag von Tagesspiegel und ZDF. Drei Viertel der Deutschen rechnen demnach mit einem Ja der SPD-Basis zu einer großen Koalition. Eine Zustimmung erwarten auch 80 Prozent der SPD-Anhänger.

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