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Politik: SPD-Kritik an privater Unfallversicherung

Jusos sehen in Schröders Plänen bedenkliche Entwicklung / Änderung beim Kündigungsschutz abgelehnt

Berlin. Die Linken in der SPD haben mit deutlicher Kritik auf die Reformpläne von Kanzler Schröder reagiert. Zwei Tage vor dessen Regierungserklärung werteten zahlreiche SPD-Politiker die Vorhaben als unsozial. Der Unmut richtet sich vor allem gegen die Pläne, den Kündigungsschutz aufzuweichen und Privat- und Sportunfälle aus der gesetzlichen Krankenversicherung herauszunehmen. „Ich habe das Gefühl, dass es nach dieser Rede nicht mehr Klarheit, sondern mehr Irritationen geben wird“, sagte die Sprecherin der Parteilinken, Andrea Nahles, dem Tagesspiegel. Bislang fehle die Priorität, dass alle Reformen in erster Linie der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit dienen müssten. „Eine Politik, die Reform als Sozialabbau definiert, brauchen wir nicht“, sagte Juso-Chef Niels Annen. Schröders Vorschläge deuteten auf eine „bedenkliche Entwicklung“ hin.

Die Linke sei bereit, nicht von vornherein Tabus aufzubauen, sagte Fraktionsvize Gernot Erler. „Aber der Kündigungsschutz ist ein hochsensibler Bereich.“ Da könnten Veränderungen nur in einem Gesamtzusammenhang überzeugen. Dieser fehle aber, sagte er dem Tagesspiegel. Ohne dass plausibel sei, dass neue Arbeitsplätze entstünden, werde man bei diesem Vorhaben nicht mitmachen. Bislang hätten Clement und Schröder diesen Nachweis nicht erbracht. Auch Parteilinke und die Jusos stellten sich gegen die Kündigungsschutzpläne. „Eine Ausdünnung von Schutzrechten aus rein symbolischen Gründen kommt einer politischen Unterwerfungsgeste gleich. Das darf es mit einer sozialdemokratischen Partei nicht geben“, heißt es in einer Forderung der Jusos.

Zuvor hatte sich der Sprecher der Parlamentarischen Linken, Fraktionsvize Michael Müller, gegen einige Reformpläne Schröders gewandt. Der Sozialstaat dürfe nicht zum Sozialhilfestaat verkommen, hatte Müller in Anspielung auf geplante Einschnitte bei der Sozialhilfe und in der Krankenversicherung gesagt. Nach Erlers Ansicht steckt Schröder vor seiner Rede in einem Dilemma. „Wenn er zu kurz springt, heißt es: das ist nicht das, was das Land braucht. Wenn er aber tiefe Einschnitte ankündigt, sagen alle: wo ist eigentlich der Unterschied zu den Neoliberalen?“

Wie etliche Bezirks- und Landeschefs der SPD wandte sich Erler gegen die Privatisierung beim Unfallschutz. „Ich habe ein Problem, wenn private Unfälle nicht mehr von der gesetzlichen Krankenversicherung abgesichert werden.“ Die Unfallversicherung sei ein Vorläufer der Krankenversicherung. „Das gehört also zu deren Kernbestand“, sagte Erler. Annen sprach von einem „unsozialdemokratischen Ansatz“. Es sei erwünscht, dass die Menschen mehr auf Prävention achteten und daher mehr Sport machten. Nahles warnte davor, Arbeitnehmer bei der Gesundheitsreform einseitig zu belasten

Nahles’ „Forum Demokratische Linke 21“ wandte sich gegen eine kürzere Bezugsdauer des Arbeitslosengelds und eine Senkung der Arbeitslosenhilfe auf Sozialhilfeniveau. Dies könne in der geplanten Form nicht mitgetragen werden, erklärten Nahles und ihr Vorstandskollege Ulrich Maurer. Der SPD-Parteitag im November 2001 habe eine Senkung der Arbeitslosenhilfe abgelehnt. Das Investitionsprogramm von 15 Milliarden Euro begrüßten sie. Wesentlich sei jedoch, dass die Hilfen an die Kommunen nicht nur über zinsgünstige Kredite kämen. „Besonders finanzschwachen Kommunen helfen Kredite nicht.“ Nötig seien direkte Investitionsmittel.

Markus Feldenkirchen

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