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Kann sein Glück kaum fassen. Martin Schulz.

© AFP

SPD: Martin Schulz begeistert eine frustrierte Fraktion

Sie feiern ihn - und er kann sein Glück kaum fassen. Martin Schulz ist am Mittwoch der große Hoffnungsträger der SPD. Und ihrer zuvor frustrierten Bundestagsfraktion.

Es ist sein erster Auftritt als designierter Kanzlerkandidat vor der SPD-Bundestagsfraktion und sie feiern ihn schon, bevor er überhaupt ein Wort gesagt hat. Stehender Applaus für Martin Schulz, bis vor Kurzem noch ehemaliger EU-Parlamentspräsident ohne sichere politische Zukunft, jetzt Hoffnungsträger und mächtigster Mann der deutschen Sozialdemokratie.

Schulz sieht aus, als könne er sein Glück kaum fassen. Neben ihm am Vorstandstisch steht Sigmar Gabriel, der Schulz am Vortag in einer Hauruck-Aktion zum Kandidaten und künftigen Parteivorsitzenden gemacht und sich selbst ins Außenministerium versetzt hat. Auch Gabriel wirkt recht zufrieden, obwohl er nicht davon ausgehen kann, dass der Applaus der Fraktion auch ihm gilt.

Viele der Abgeordneten sind nämlich auch am Tag danach noch ziemlich schockiert über die Art und Weise, mit der sich Gabriel ins Auswärtige Amt verabschiedet hat. Dass sie am Dienstagnachmittag von der wichtigsten Personalentscheidung des Wahljahrs 2017 aus den Medien erfuhren, dass Gabriel in „Stern“ und „Zeit“ seine Motive darlegte, bevor er sich den Genossen offenbarte – das war in ihren Augen ein Affront.

Oppermann vor den Kopf gestoßen

Vor den Kopf gestoßen fühlte sich auch Thomas Oppermann. Noch am Wochenende hatte sich der SPD-Fraktionschef für eine Kanzlerkandidatur von Gabriel stark gemacht: „Er kann Wahlkampf wie kein anderer.“ Andere in der SPD-Führung, darunter NRW-Landeschefin Hannelore Kraft und Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz, wussten da längst von Gabriels Verzicht.

In der Fraktionssitzung am Mittwoch macht Oppermann seinem Ärger Luft. „Viele hätten sich gewünscht, von den Nominierungsfragen nicht aus den Medien zu erfahren“, sagt er. Nun aber müsse für die SPD das Motto gelten: „Nicht mehr lamentieren, sondern kämpfen.“

Es ist dann aber Martin Schulz, der die Abgeordneten den Ärger über Gabriels Vorgehen vergessen lässt. Schulz war lange Zeit Fraktionsvorsitzender im Europaparlament, er weiß, wie man Parlamentarier in Stimmung bringt. Die SPD als Bollwerk der Demokratie, als Kraft, die Europa zusammenhält und gegen den Populismus verteidigt – das ist sein Leitbild, da spricht der leidenschaftliche Europäer.

Schulz war aber nicht nur Europapolitiker, sondern auch lange Jahre Bürgermeister der Stadt Würselen bei Aachen, weshalb er es nicht bei flammenden Appellen für mehr Zusammenhalt in Europa belässt. In den Mittelpunkt der Politik müsse die SPD immer die hart arbeitenden Menschen rücken, die von der Demokratie Schutz erwarteten. „Wenn wir Sozis den Menschen zeigen, dass wir an sie denken, dann gewinnen wir die nächste Wahl“, ruft er den Abgeordneten zu. Hinterher wird einer von ihnen sagen, Schulz sei es gelungen, die Fraktion „zum ersten Mal seit Jahren emotional mitzureißen“.

Nach der Fraktionssitzung – Sigmar Gabriel hat den Reichstag da schon verlassen – stellt sich Schulz zusammen mit Oppermann vor die Kameras. Welche Rolle Gabriel als Außenminister im Wahlkampf der SPD spielen werde, wird Schulz gefragt. Die Antwort gibt dann aber Oppermann: „Er wird eine dienende Rolle spielen.“

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