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Politik: SPD: Mit Merkel nicht – dabei bleibt’s

Benneter verbindet CDU-Chefin mit „sozialem Kahlschlag“ / Union und FDP denken auch noch an Jamaika

Von
  • Robert Birnbaum
  • Hans Monath

Berlin - Nach dem von beiden Seiten positiv bewerteten zweiten Sondierungsgespräch zwischen Union und SPD haben sich die Positionen am Donnerstag wieder verhärtet. Aus der Union wurde die Erwartung laut, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) vor der nächsten Sondierung seinen Anspruch auf die Führung einer großen Koalition zurücknehmen werde. Dagegen bestanden führende SPD-Politiker auf Schröders Anspruch, lehnten aber vor allem eine große Koalition unter einer Kanzlerin Angela Merkel ab. Merkel und FDP-Chef Guido Westerwelle wollen eine Jamaika- Koalition mit den Grünen als Option für den Fall offen halten, dass eine große Koalition scheitert. In der CSU brach ein offener Machtkampf um die Nachfolge Edmund Stoibers als Ministerpräsident aus.

CSU-Landesgruppenchef Michael Glos sagte im Deutschlandfunk, er nehme an, dass am Montag zur Frage der Kanzlerschaft von der SPD Klarheit komme. Er nannte die Vorstellung „absurd“, dass die Union im Gegenzug zu einem Verzicht Schröders ihre Kanzlerkandidatin zurückzieht. „Warum soll Frau Merkel verzichten, weil Herr Schröder die Wahl verloren hat?“, fragte er. Auch die CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch und Peter Müller nannten Merkels Wahl zur Kanzlerin Voraussetzung für die Bildung einer großen Koalition. SPD-Chef Franz Müntefering und ein Regierungssprecher wiesen Gerüchte über einen Rückzug Schröders zurück. „Es gilt unsere Forderung: Wir wollen regieren mit Gerhard Schröder als Kanzler“, sagte Müntefering.

Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) sagte dem Tagesspiegel: „Er ist ein guter Kanzler. Wir wollen ihn weiter in diesem Amt sehen.“ Es gebe keinen größeren oder kleineren Partner. „Am Ende müssen beide Seiten erhobenen Hauptes herausgehen können.“ SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter nannte Merkel „das Sinnbild für sozialen Kahlschlag“. Eine Regierung auf der Basis sozialer Gerechtigkeit „wird mit Frau Merkel nicht möglich sein“.

Ungeachtet dieses Streits zeigten sich die Spitzen beider Parteien zuversichtlich, dass eine große Koalition zu Stande kommen kann. Merkel sprach von der „wahrscheinlichsten Lösung“. Auch Müntefering betonte, er sei „daran interessiert, dass diese Koalition zu Stande kommt“. Wenn in weiteren Sondierungsgesprächen „ein bisschen Vertrauen gewachsen“ sei, sollten beide Parteien förmliche Verhandlungen aufnehmen. Die nächste Sondierungsrunde ist für kommenden Mittwoch vereinbart. Am Montagabend trifft sich das SPD-Präsidium, um dieses Treffen vorzubereiten. Ob es dann zu förmlichen Koalitionsgesprächen kommt oder ob sich weitere Sondierungen anschließen, ist offen.

Die Spitzen von Union und FDP trafen sich am Donnerstag zu einem Strategiegespräch. Merkel und Westerwelle äußerten danach die Erwartung auf eine große Koalition. Beide hielten sich aber ein weiteres Gespräch mit den Grünen offen, falls Union und SPD nicht vorankommen.

Überschattet werden die Gespräche durch einen vorzeitig offen ausgebrochenen Machtkampf in der CSU. Staatskanzleichef Erwin Huber kündigte in der „Passauer Neuen Presse“ eine Kandidatur für das Amt des Ministerpräsidenten an, wenn Stoiber in eine Regierung in Berlin wechselt. Innenminister Günther Beckstein, der derzeit als Favorit für die Stoiber-Nachfolge gilt, zeigte sich verwundert über den Vorstoß, schloss aber eine Kampfkandidatur nicht aus. Stoiber kündigte ein Gespräch mit den Rivalen an und erklärte beide zu „hervorragenden Kandidaten“.

Die bisherige Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt soll Vizepräsidentin des Bundestages werden. Der neue Fraktionschef Fritz Kuhn sagte dem Tagesspiegel: „Ich freue mich über ihre Entscheidung und unterstütze sie.“ Göring-Eckardt selbst sagte, sie begreife das Amt als „politische Gestaltungsaufgabe“.

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