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SPD-Parteitag: 99,4 Prozent der Stimmen für Platzeck

Die SPD hat Matthias Platzeck mit überwältigender Mehrheit zu ihrem Vorsitzenden gewählt. Denkzettel gab es für Hubertus Heil und Ute Vogt. Sigmar Gabriel fiel im ersten Wahlgang durch.

Karlsruhe - Matthias Platzeck bekam bei seiner Wahl zum neuen SPD-Chef 99,4 Prozent der Delegiertenstimmen. Der 51-Jährige hatte seine Partei zuvor aufgefordert, einen «dicken Strich» unter die Personal-Turbulenzen um den Rückzug von Parteichef Franz Müntefering zu ziehen. Die SPD solle ein «Signal» geben, dass sich Vorgänge wie in den vergangenen Wochen nicht wiederholten.

Der Parteitag in Karlsruhe bestätigte auch Platzecks Personalvorschläge für die engere Parteiführung. Dabei erhielt Hubertus Heil als neuer Generalsekretär mit 61,7 Prozent das schlechteste Ergebnis. Die Parteilinke Andrea Nahles, deren Nominierung für diesen Posten den Streit ausgelöst hatte, schaffte im ersten Wahlgang mit 323 Stimmen den Einzug in den Parteivorstand, ebenso weitere Parteilinke.

Platzeck selbst bekam 512 von 515 gültigen Stimmen - bei nur zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung. Der mit 92,2 Prozent bestätigte Kurt Beck soll als erster Stellvertreter eine herausgehobene Rolle wahrnehmen. Bei seiner ersten Wahl vor zwei Jahren hatte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident 82,6 Prozent erhalten.

Platzeck forderte seine Partei auf, wieder geschlossen nach vorn zu blicken. «Es nutzt nichts, darum herum zu reden: In unserer Partei sind in den vergangenen Wochen Fehler gemacht worden.» Doch die SPD sei stets «mehr als die Summe ihrer Flügel und Fraktionen, ihrer Arbeitsgemeinschaften und Gliederungen».

Der neue Vorsitzende forderte seine Partei zur Zuversicht und zum Zupacken auf. «Nur eine debattierende Partei ist und bleibt eine lebendige Partei.» Platzeck bekannte sich klar zur großen Koalition. Die Sorge mancher, die SPD könne dabei «Identität und Profil verlieren», teile er nicht. Müntefering werde als Vizekanzler und Arbeitsminister in der Regierung mit der Union dafür sorgen, «dass die sozialdemokratische Handschrift auch in der neuen Regierung klar, unmissverständlich und deutlich erkennbar bleibt».

Die SPD sieht Platzeck «als Partei der linken Mitte». Sie garantiere den Menschen den Erhalt des Sozialstaates, auch wenn viele Reform-Antworten heute anders als früher ausfielen. Die Bundestagswahl habe klar gezeigt, dass ein «Nein zum Sozialstaat» und die Umkehr zum Neoliberalismus nicht mehrheitsfähig seien.

Scharf griff Platzeck die Linkspartei mit ihrem Spitzenpolitiker, dem früheren SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, an. Sie sei «populistisch, rückwärts gewandt und vorgestrig - nur links, das ist sie sicher nicht», rief Platzeck unter dem Beifall der Delegierten. Die Partei stehe für Abschottung und Agitation gegen Fremdarbeiter.

Besonderen Wert müsse die SPD auf die Bildung legen, sagte Platzeck. «Wir müssen im 21. Jahrhundert die Bildungspartei Deutschlands werden.» Ausdrücklich bekannte er sich zu seinen ostdeutschen Wurzeln. «Ich habe die ersten 35 Jahre meines Lebens in einer vollständig anders organisierten Gesellschaftsordnung verbracht. Das ist nicht zu ändern. Und daran würde ich auch nichts ändern, selbst wenn ich es könnte», sagte der 51-Jährige, der erst seit zehn Jahren SPD-Mitglied ist.

Bei den Stellvertreterwahlen erhielt Ute Vogt mit 67,3 Prozent den einzigen Denkzettel. Vor zwei Jahren bekam die baden-württembergische SPD-Chefin noch 70,5 Prozent. Vogt ist Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl im März. Auch sie war im Zusammenhang mit dem Müntefering-Rückzug heftig kritisiert worden. Neu als Vize ziehen die Bonner Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann (79,9 Prozent), der designierte Finanzminister Peer Steinbrück (82,1 Prozent) sowie die saarländische SPD-Politikerin Elke Ferner (83,3 Prozent) in die engere SPD-Führung ein.

Gabriel verzichtet

Auch Heils Verhalten war beim Streit um die Nominierung von Nahles heftig kritisiert worden. «Viele haben dabei Fehler gemacht. Ich auch», sagte Heil vor der Wahl. Schatzmeisterin Inge Wettig- Danielmeier wurde mit 76,4 Prozent (2003: 84,93) im Amt bestätigt.

Bei den Beisitzerwahlen erhielt Wolfgang Thierse mit 410 Stimmen das beste Ergebnis, gefolgt vom SPD-Fraktionschef aus Sachsen-Anhalt, Jens Bullerjahn (406), und dem künftigen Bundestagsfraktionschef Peter Struck (399). Der designierte Umweltminister Sigmar Gabriel fiel im ersten Wahlgang ebenso durch wie DGB-Vize Ursula Engelen- Kefer. Gabriel kündigte anschließend an, auf eine weitere Kandidatur zu verzichten. Vor den Delegierten sagte er, als künftiger Ressortchef habe er ohnehin Zugang zum SPD-Vorstand. Gabriel rief dazu auf, seinen ebenfalls durchgefallenen niedersächsischen Parteifreund Garrelt Duin im zweiten Wahlgang zu wählen. (tso/dpa)

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