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Politik: SPD-Politiker attackiert Ulla Schmidt

Fraktionsvize schließt auch Ministerwechsel nicht aus / Müller fordert Zeit für Reformen, Grüne drängen

Berlin. SPD-Fraktionsvize Michael Müller hat der Bundesregierung Versäumnisse bei der Umsetzung der Reformen attestiert. „Durch die Fülle der Aktivitäten passieren mehr handwerkliche Fehler als sonst“, sagte er im Interview mit dem Tagesspiegel am Sonntag. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) hätte vor der Umsetzung der Gesundheitsreform ein „Planspiel mit der Selbstverwaltung“ machen sollen, „um zu testen, ob alles funktioniert“. Müller forderte mehr Zeit für die Reform der Pflegeversicherung, um künftig solche Schwächen zu vermeiden. Dagegen warnten die Grünen davor, Reformen hinauszuschieben.

Hauptgrund für das Verschieben der Pflegereform sei gewesen, dass es noch offene Fragen im Konzept der Sozialministerin gegeben habe, sagte Müller. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hatte am Dienstag deren Pläne gestoppt, Nichterziehende mit einem Zuschlag in der Pflegeversicherung zu belasten. Müller sagte, dass es „Grenzen der Belastbarkeit“ gebe. Es sei „legitim“, eine erste Bilanz zu ziehen, was die Belastungen der Bürger angehe. Er verwies darauf, dass die Grünen noch viel tiefere Einschnitte gewollt hätten. „Das hätte die SPD noch mehr Prozente in den Umfragen gekostet.“

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt warnte jedoch davor, das Reformtempo zu drosseln. „Wir haben mutige Reformen auf den Weg gebracht. Jetzt aber zu sagen, das Nötige sei getan, ist nichts weiter als Selbsttäuschung“, sagte sie dem Tagesspiegel am Sonntag. Damit kritisierte sie indirekt SPD-Generalsekretär Olaf Scholz. Der hatte in der „Berliner Zeitung“ darauf hingewiesen, bei den Sozialreformen sei das Notwendige getan. Bei einem Treffen im Kanzleramt hatten Spitzen der Koalition sich am Vortag darauf verständigt, keinen Reformstopp zu verkünden. Göring-Eckardt sagte, die Reformen würden nicht um der Reform willen gemacht. Die Zukunft der Rente verlange ebenso nach Antworten wie die Pflege.

Einen Wechsel im Bundeskabinett schloss SPD-Fraktionsvize Müller nicht aus. „Natürlich muss jede Regierung fähig sein, auch mal Umbauten vorzunehmen“, sagte der SPD-Politiker. Auch im Wissenschafts- oder Gesundheitsbereich gebe es „viele Fähige“, die kein Mandat hätten. Denen fehle aber oft die notwendige politische Erfahrung. Müller sagte, eine Kabinettsumbildung sei ohnehin Sache des Bundeskanzlers. Auch sei es eine Illusion zu glauben, nur durch einen Wechsel von Personen ließen sich inhaltliche Probleme lösen.

Der SPD-Politiker machte sich für eine ausreichende Finanzierung der rot-grünen Innovationsoffensive stark. Müller forderte, bereits bis 2006 die privaten und öffentlichen Mittel für Forschung um fünf bis sechs Milliarden Euro aufzustocken. EU-weites Ziel ist es, in jedem Mitgliedsland bis 2010 drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung auszugeben. Um diese Ausgaben finanzieren zu können, regte Müller an, Erbschaften stärker zu besteuern, umweltschädliche Subventionen abzubauen und den Bundesbank-Gewinn zu verwenden.

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