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© dpa

SPD-Politiker Hans-Ulrich Klose: "Die Bekämpfung von Taliban ist zulässig"

Die SPD attackiert die Bundesregierung in der Kundus-Affäre.

Stehen die Sozialdemokraten noch zum Bundeswehreinsatz in Afghanistan, Herr Klose?

Ja. Aber natürlich leidet die Akzeptanz des gesamten deutschen Engagements unter der aktuellen Debatte. Das gilt für die SPD ebenso wie für die gesamte Bevölkerung.

Täuscht der Eindruck, dass die neue SPD-Führung die Kundus-Affäre dazu nutzt, sich von dem unpopulären Einsatz zu distanzieren?

Es geht nicht um Distanzierung. Die SPD hat das berechtigte Anliegen, zu erfahren, was genau bei der Bombardierung der zwei Tanklaster bei Kundus geschehen ist. Schließlich ist die Bundeswehr eine Parlamentsarmee. Sie kämpft in Afghanistan gegen den Vormarsch der Taliban, weil der Bundestag das so beschlossen hat.

Der Bundeswehroberst, der das Bombardement befehligt hat, wollte nicht nur Tanklaster treffen, sondern auch Taliban-Kämpfer. Teilen Sie die Kritik mancher Parteifreunde, wonach dieses Vorgehen durch das Bundestagsmandat nicht gedeckt gewesen sei?

Nein. Eine solche militärische Maßnahme ist grundsätzlich sehr wohl vom Mandat des Bundestags gedeckt. Die Frage ist lediglich, ob gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstoßen wurde. Um das zu beurteilen, müsste man wissen, wie viele zivile Opfer es gegeben hat. Ich bin etwas erstaunt über die Sicherheit, mit der manche behaupten, es habe sehr viele zivile Opfer gegeben. Woher wissen die das so genau? Die Taliban-Kämpfer sind doch angehalten, sich wie die Einheimischen zu kleiden.

Die Bundeswehr hat also das Recht zur gezielten Tötung von Taliban-Kämpfern?

Mir gefällt der Begriff „gezielte Tötung“ nicht. Aber die Bekämpfung hochrangiger Taliban-Kämpfer halte ich für zulässig, wenn man sie als solche identifiziert hat.

Für SPD-Chef Sigmar Gabriel wirft der gezielte Angriff auf die Taliban bei Kundus die Frage auf, ob die Bundesregierung klammheimlich einen Strategiewechsel vorgenommen hat. Zu Recht?

Ich kann keinen Strategiewechsel erkennen. Die „rules of engagement“ des Isaf-Einsatzes decken – so weit ich das nach gegenwärtigem Kenntnisstand beurteilen kann – eine derartige militärische Vorgehensweise ab. Die Einsatzregeln besagen, dass alle Maßnahmen erlaubt sind, die der Isaf helfen, ihren Auftrag zu erfüllen. Und dazu gehört auch die Bekämpfung von Aufständischen, die den Wiederaufbau des Landes verhindern wollen. Die „rules of engagement“ wurden nach meiner Kenntnis im April dieses Jahres so gefasst. Die Bundesregierung reagierte damit auf den wachsenden Druck der Taliban.

Warum geben sich manche in der SPD dann so überrascht?

Das weiß ich nicht. Wer sich intensiv mit dem Afghanistaneinsatz befasst hat, konnte über die veränderten Einsatzrichtlinien Bescheid wissen.

Ist es vorstellbar, dass der damalige Außenminister Frank-Walter Steinmeier über eine derartige Änderung der Einsatzregeln nicht informiert war?

Das muss der Untersuchungsausschuss klären. Es kann auch sein, dass nur das Verteidigungsministerium befasst war.

Was erwarten Sie noch von der Arbeit des Ausschusses?

Die Zweifel am Afghanistaneinsatz in der Bevölkerung werden nach den Vorfällen in Kundus größer werden, die Fragen zunehmen. Deshalb ist es so wichtig, dass sowohl die Informationspolitik der Regierung als auch die Vorgänge an sich genau untersucht und transparent gemacht werden.

Würden Sie der SPD-Fraktion raten, im Bundestag einer neuerlichen Aufstockung der Truppen in Afghanistan zuzustimmen?

Das kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantworten. Ob mehr Soldaten sinnvoll sind, kann man erst entscheiden, wenn die internationale Afghanistankonferenz in London eine erfolgversprechende Strategie vorlegen kann.

ZUR PERSON
Hans-Ulrich Klose, 72, ist SPD-Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag. Das Gespräch führte Stephan Haselberger.

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