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Politik: SPD-Politiker: Mehr Eigenbeteiligung

Abgeordnete fordern Einschnitte bei der Krankenversicherung / DGB warnt vor Senkung des Arbeitgeberbeitrags

Von Antje Sirleschtov

Berlin. In der rot-grünen Koalition mehren sich die Stimmen für einen Systemwechsel in der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung. Mehrere SPD-Bundestagsabgeordnete haben sich dafür ausgesprochen, die paritätische Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung aufzugeben. In einem Konzept, das die Gruppe laut „Focus“ unter Federführung des Gesundheitspolitikers Eike Hovermann erarbeitet habe, stellten sich die SPD-Politiker offen gegen Reformüberlegungen von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und fordern Einschnitte in die Sicherungssysteme. „Der Weg der Beitragserhöhungen ist ausgereizt“, heißt es in der Vorlage. Konkret schlagen die Abgeordneten vor, den Arbeitgeberbeitrag zur Krankenversicherung auf die Hälfte des durchschnittlichen Beitragssatzes einzufrieren. Außerdem sollten die Versicherten durch Selbstbehalte animiert werden, Kosten zu sparen. „Nirgendwo gibt es in den Industriestaaten so wenig Selbstbeteiligung.“

Die stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Ursula Engelen-Kefer, warnte die Bundesregierung davor, über den Ausstieg aus der paritätischen Finanzierung mit der Opposition zu verhandeln. Notfalls seien die Gewerkschaften in dieser Frage auch zu einer Mobilisierung bereit, sagte Engelen-Kefer.

Das Ziel der Regierung ist es, mit der Reform der Krankenversicherung die Lohnnebenkosten zu senken. Die Regierung will Arbeitnehmer und Arbeitgeber von 2004 an bei den Krankenkassenbeiträgen um mindestens 14 Milliarden Euro entlasten. Bei der geplanten Gesundheitsreform werde angestrebt, die Beiträge von heute im Durchschnitt 14,4 auf 13 Prozent oder weniger zu drücken, kündigte Arbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) an. Einig sind sich die Sozialexperten aller Parteien, dass versicherungsfremde Leistungen wie Mutterschaftsgeld nicht mehr über Beiträge, sondern über Steuern bezahlt werden sollen. Dafür müsste Finanzminister Hans Eichel (SPD) jedoch drei bis vier Milliarden Euro locker machen. Konkrete Vorschläge zur Finanzierung der Krankenversicherungen hat die Rürup-Kommission bisher noch nicht erarbeitet. Kommissionsmitglied und DIW-Wissenschaftler Gerd Wagner sagte dieser Zeitung, die Experten würden erstmals am kommenden Freitag über dieses Thema diskutieren. Eine Vorlage oder gar eine Vorfestlegung dazu „gibt es nicht“. Er dementierte damit Meldungen des „Spiegel“, die Rürup-Kommission prüfe, auch Beamte, Selbstständige und gut verdienende Arbeitnehmer in die gesetzlichen Krankenkassen zu zwingen. Dies sei eines von vielen Modellen, die das DIW vor geraumer Zeit berechnet habe, sagte Wagner. Er fügte hinzu, dass er einen solchen Weg nicht favorisiere.

Die Union will die Pflegeversicherung in ihrer bisherigen Form abschaffen und sie mit der gesetzlichen Krankenversicherung zusammenführen. Mit der Zusammenlegung beider Systeme könnten die Versorgung von Pflegebedürftigen verbessert und Verwaltungskosten in Millionenhöhe gespart werden, sagte Unions-Sozialexperte Horst Seehofer der „Berliner Zeitung“.“ Eine Fusion würde Schluss machen mit dem Verschieben finanzieller Verpflichtungen zwischen den Systemen, worunter vor allem Pflegebedürftige litten.

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