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Bleibt lieber in der Landespolitik: die Ministerpräsidentin von NRW, Hannelore Kraft (SPD).

© dpa

SPD-Politikerin schließt Kanzlerkandidatur aus: Hannelore Kraft und das doppelte "Nie"

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft wird von vielen SPD-Anhängern als Hoffnungsträgerin für die Bundespolitik gehandelt. Sie will dennoch "nie" als Kanzlerkandidatin antreten. Was ist davon zu halten?

Obwohl der Blick hellwach ist, signalisieren die zarten Ränder unter den Augen, dass sie den Mangel an Schlaf noch nicht aufgeholt hat. „Gestern war ich wieder bis elf hier im Landtag, die Tagesordnung musste abgearbeitet werden“, erzählt Hannelore Kraft. Wenig später ist sie bei dem Thema, das sie im Moment besonders beschäftigt. „Ich bin unsicher“, antwortet die Stellvertreterin von Sigmar Gabriel auf die Frage, wie der Mitgliederentscheid ausgehen wird; natürlich hat sie die kritischen Stimmen der Basis wahrgenommen, auch und gerade die aus Nordrhein-Westfalen.

Ankündigung als Politprofi

Nicht zuletzt diese Stimmen haben sie jetzt bewogen, ein öffentliches Bekenntnis abzulegen, das weite Teile der Republik aufhorchen lässt. „Ich werde nie, nie als Kanzlerkandidatin antreten, ich bleibe in Nordrhein-Westfalen", hatte sie wenige Minuten zuvor in ihrer Landtagsfraktion gesagt und für diesen Satz viel Applaus kassiert. Sie selbst will zu dem Thema anschließend nichts mehr sagen, als politischer Profi weiß sie allerdings, dass dieser Satz erhebliche Nachfragen auslöst, obwohl er keine wirkliche Überraschung beinhaltet.

„Mein Platz ist in Nordrhein-Westfalen, ich habe hier noch etwas vor“, sagt sie seit bald drei Jahren und hat mit diesem oder ähnlichen Zitaten immer wieder versucht, aufkeimende Spekulationen über bundespolitische Ambitionen zu dämpfen. Spätestens seit sie zunächst Jürgen Rüttgers mit ihrer Minderheitsregierung aus dem Amt gedrängt und dann mit ihrem Wahlsieg gegen Norbert Röttgen das größte Bundesland für die SPD zurückgewonnen hat, wurde sie immer wieder gehandelt, wenn es um wichtige Ämter in der Sozialdemokratie ging. Als Sigmar Gabriel schwächelte, aber auch als es um die Kanzlerkandidatur ging, wurde ihr Name genannt. Je intensiver sie „Nein“ sagte, um so lauter wurden die Rufe.

Die sich kümmernde Sozialdemokratin

Kraft wurde zum Sinnbild der sich kümmernden Sozialdemokratin, die es schafft, gleichermaßen nah an der Parteibasis als auch bei den Menschen zu sein. Je weiter man von Düsseldorf weg kam, desto deutlicher wurden die Hinweise, dass dies eine geschickte Attitüde sei und sie damit verstecke, wie knallhart sie ihre Interessen durchsetze. Vor allem jene in den eigenen Reihen, die fürchten mussten, dass Kraft sie bei einem offenen Votum des Parteitages überholen konnte, spielten solche Details. Sie selbst hat sich das immer mit einer Mischung aus Unverständnis und Ärger angeschaut und weiter trotzig behauptet, an einem wie auch immer gearteten Amt in Berlin nicht interessiert zu sein.

Als sie sich nach der Bundestagswahl wegen der kritischen Stimmen an der Basis zunächst kaum vorstellen konnte, dass eine große Koalition zustande kommt, drehte die Stimmung. „Die denkt nur bis Castrop Rauxel“, intonierten auch die lieben Parteifreunde aus Berlin gegen sie. Und als sie sich schließlich von den möglichen Zugeständnissen der Union einfangen ließ, heiß es: „Sie ist umgefallen.“

Die irrlichternde öffentliche Debatte hat sie am Ende bestärkt, jetzt auch öffentlich einen Schlussstrich zu ziehen; zusätzlich spielt eine Rolle, dass sie im Moment nicht sicher ist, wie das Votum der Basis ausgeht. Natürlich hat sie jene Stimmen wahrgenommen, die glauben, sie nach einem Misserfolg in die Pflicht nehmen und zu einer Kandidatur gegen Angela Merkel bewegen zu können. „Das ist mit mir nicht zu machen“, hat sie intern klar gestellt. Nun hielt sie den Zeitpunkt für gekommen, das auch öffentlich zu sagen. Und wenn sie von Zukunft und ihrem Leben spricht, kommt darin nicht nur die Politik vor – was sich im politischen Berlin kaum einer vorstellen kann.

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