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Wohin. Der „Seeheimer Kreis“ ist von Olaf Scholz (l.) begeistert. Parteichef Sigmar Gabriel will keine Kurskorrektur. Foto: Wolfgang Kumm/dpa

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Politik: SPD soll von Scholz das Siegen lernen

Rechter Parteiflügel: Wirtschaftspolitik muss für uns alle zur Herzensangelegenheit werden

Berlin - Nach dem triumphalen Sieg von Olaf Scholz bei der Hamburg-Wahl werden in der SPD Rufe nach einer profilierteren Wirtschaftspolitik in Bund und Ländern laut. Der Sprecher des im „Seeheimer Kreis“ zusammengeschlossenen rechten SPD-Flügels, Garrelt Duin, sagte dem Tagesspiegel, Wirtschaftspolitik müsse für die Sozialdemokratie in Zukunft „eine Schlüsselrolle“ spielen. Ähnlich äußerte sich der Schatzmeister der Hauptstadt-SPD, Harald Christ. Maßgeblich für den Erfolg seiner Partei bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus im September sei ein klares wirtschaftspolitisches Profil.

Der designierte Hamburger Bürgermeister und frühere Bundesarbeitsminister Scholz hatte im Hamburg-Wahlkampf mit einem betont wirtschaftsfreundlichen Kurs um Wähler von CDU und FDP geworben und mit dieser Strategie am Sonntag die absolute Mehrheit der Mandate in der Bürgerschaft errungen. Der rechte SPD-Flügel leitet aus dem Traumergebnis nun Lehrsätze ab.

Die Bundes-SPD könne aus dem Erfolg von Scholz „lernen, dass man soziale Gerechtigkeit und Wirtschaftspolitik gleichwertig behandeln muss, um breite Mehrheiten zu erringen“, sagte Duin. Deshalb müsse sich die SPD mehr Wirtschaftskompetenz erarbeiten: „Wirtschaft muss für uns alle zur Herzensangelegenheit werden, und nicht nur die Fachpolitiker beschäftigen.“ Es sei auch wichtig, die Bereitschaft der SPD zur Sanierung der Staatsfinanzen deutlich zu machen. „Wir dürfen nicht immer nur über Steuererhöhungen reden, wir müssen auch aufzeigen, dass wir einsparen wollen.“ Außerdem belege die Hamburg-Wahl, dass es für die SPD besser sei, Bündnisse mit der Linkspartei kategorisch auszuschließen. „Nur so schafft man das nötige Vertrauen bei den Wählern der Mitte.“

Auch für den Berliner SPD-Schatzmeister Christ hat der Wahlsieg von Scholz Modellcharakter. „Wir sollten uns am Hamburger Weg ein Beispiel nehmen“, sagte Christ dem Tagesspiegel. „Scholz hat es geschafft, Parteiideologien zurückzustellen und die Sachthemen in den Vordergrund zu rücken, die die Menschen wirklich interessieren. Auch die Berliner SPD ist gut beraten, ideologische Grabenkämpfe hinter sich zu lassen und ihre Entscheidungen allein nach den Geboten nüchterner Vernunft zu fällen.“ Für den Wahlerfolg der Hauptstadt-SPD sei es „von entscheidender Bedeutung, dass die Partei ein deutliches wirtschaftspolitisches Profil“ entwickle: „Die Wähler interessiert, wie wir ihre Lebensverhältnisse verbessern und möglichst viele Menschen in Arbeit bringen. Das geht nur mit einer guten Wirtschaftspolitik, die sich nicht von Ressentiments leiten lässt.“

Parteichef Sigmar Gabriel sieht für eine Kurskorrektur indes keinen Anlass. Bei seinem Auftritt nach der SPD-Präsidiumssitzung am Montag im Willy-Brandt-Haus sagte er, es gebe „keinerlei Unterschied zwischen der Herangehensweise von Olaf Scholz und der Bundes-SPD“. Bereits zu Zeiten der großen Koalition habe die SPD eine Politik der wirtschaftlichen Dynamik und des sozialen Ausgleichs verfolgt. Der Sprecher der SPD-Linken, Björn Böhning vermochte am Montag ebenfalls keine Differenzen zwischen dem Kurs der Hamburger SPD und dem der Bundespartei zu erkennen. Es sei richtig, dass die SPD mit einer an wirtschaftlichem Erfolg und sozialem Zusammenhalt ausgerichteten Politik breite Mehrheiten erringen könne. Aus dem Hamburger Sieg könnten aber keine „Richtungsdebatten“ abgeleitet werden.

Unterdessen verlangen erste Freidemokraten ein Ende der Fixierung ihrer Partei auf die Union als Koalitionspartner. Wie zuvor der schleswig-holsteinische FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sprach sich auch Bundesvorstandsmitglied Jorgo Chatzimarkakis für eine sozialliberale Option aus. Das Wahlergebnis von Scholz in Hamburg markiere den Beginn eines politischen Trends, sagte der Europaabgeordnete: „Die Zukunft gehört einer Wirtschaftspolitik, die frei ist, aber eine soziale Dimension hat.“ Die FDP könne diesen politischen Weg nicht beschreiten, „wenn sie sich auf die Union als einzigen Koalitionspartner festlegt“.

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