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SPD-Spitzenkandidat Matschie über Althaus: "Ich vermisse ein Schuldbekenntnis"

Thüringens SPD-Spitzenkandidat Christoph Matschie spricht im Tagesspiegel-Interview über Dieter Althaus und den Wahlkampf.

Seit zwei Wochen ist Ministerpräsident Dieter Althaus nach seinem Skiunfall wieder im Amt. Wird Thüringen jetzt wieder kraftvoll regiert?



Ganz im Gegenteil: Dieter Althaus hat keine Antworten auf die Krise. Er macht so planlos weiter wie vor dem Unfall. Und viele Thüringer sind verwundert, dass er kein klares Verhältnis zu der Schuldfrage gefunden hat. Das hat ja sogar noch einmal der Witwer der bei dem Unfall verstorbenen Frau eingefordert.

Was die Schuldfrage anbelangt: Was vermissen Sie von ihm?

Wie ganz viele Menschen in Thüringen vermisse ich ein klares Bekenntnis zu seiner Schuld. Warum sagt Dieter Althaus nicht einfach den Satz: Ich bin schuld. Stattdessen verweist er darauf, dass er an den tragischen Unfall keine Erinnerung hat.

Kann jemand mit einer solchen Schuld Ministerpräsident sein?


Er hat sich entschieden, ins Amt zurückzukehren. Das akzeptiere ich. Ob Dieter Althaus weiterhin Ministerpräsident sein kann, müssen die Wählerinnen und Wähler entscheiden.

Politisch hat er doch versucht, Akzente zu setzen: Er hat zusätzliche Mittel für Erzieherstellen und Hilfen für die gewerbliche Wirtschaft angekündigt...

Dieter Althaus ist politisch noch immer nicht auf Ballhöhe. Er kann nicht mehr das aufarbeiten, was er in dieser Legislaturperiode an Fehlentscheidungen zu verantworten hat.

Welche?

Während alle die frühkindliche Bildung ausbauen, hat Thüringens CDU-Regierung die Zuschüsse für die Kindergärten massiv gekürzt, was dazu geführt hat, dass uns heute 2000 Kindergärtnerinnen fehlen. Die Ankündigung, bis 2013 nun 1000 Stellen zu schaffen, ist erstens unzureichend und zweitens eine Mogelpackung, denn sie ist nicht finanziert. Die Kommunen befürchten, dass die finanzielle Last einfach ihnen zugeschoben wird. Und was die aktuelle Wirtschaftskrise betrifft, belässt es die Landesregierung bei Verlautbarungen. Bei dem, was Dieter Althaus jetzt angekündigt hat, ist völlig unklar, wie es finanziert und umgesetzt werden soll.

Auch für den thüringischen Opel-Standort hat er eine Lösung in Aussicht gestellt ...


An seinem ersten Arbeitstag hat er angekündigt, dass er mit Opel-Chef Demant reden wolle. Zu dem Gespräch hat er aber dann nur seinen Wirtschaftsminister geschickt. Ergebnisse hat das Gespräch auch nicht gebracht.

Sie werfen der CDU-Regierung auch massive handwerkliche Fehler vor. Welche sind die gravierendsten?


Viele Entscheidungen der Landesregierung sind von den Gerichten über den Haufen geworfen worden. So hat das Verfassungsgericht eben erst die Neuregelungen der Abwasserbeiträge gekippt, die ein Wahlversprechen von Dieter Althaus waren. Auch die Kommunalfinanzen musste die Landesregierung laut Verfassungsgericht neu regeln. Die Teilzeitverbeamtung der Lehrer und das Büchergeld sind von Gerichten verworfen worden.

Bleibt es bei Ihrer Ankündigung, den Wahlkampf nur inhaltlich zu führen und den Unfall außen vor zu lassen?

Der Unfall ist für uns kein Thema im Wahlkampf. Aber ich wundere mich, wie Dieter Althaus damit umgeht. Politisch setzen wir uns mit der Leistungsbilanz von Althaus auseinander. Fest steht: Er hat das Erbe von Bernhard Vogel verspielt.

Vielleicht wollen Sie es sich ja auch mit Althaus menschlich nicht ganz verderben, weil Sie nach der Landtagswahl als Juniorpartner in einer von ihm geführten Regierung landen könnten ...

Nein. Für mich ist in der Politik ein fairer Umgang miteinander unverzichtbar.

Eigentlich sind ja die inhaltlichen Schnittmengen der SPD mit der Linkspartei viel größer als die mit der CDU. Ist es da politisch aufrichtig, von vornherein Rot-Rot für den Fall auszuschließen, dass die Linkspartei aus der Wahl stärker hervorgehen könnte, also das Anrecht auf das Ministerpräsidentenamt hätte?


Die Linke hat bisher keine Entscheidung getroffen, ob sie Protestpartei oder Regierungspartei sein will. Auch wegen ihres außen- und sicherheitspolitischen Kurses ist sie auf der Bundesebene nicht regierungsfähig, sie würde jede Regierung in die Isolation führen. Ministerpräsidenten haben einen erheblichen bundespolitischen Einfluss. Deshalb schließen wir aus, dass mit den Stimmen der SPD ein Linker ins Amt des Ministerpräsidenten gewählt wird.

Das Gespräch führte Matthias Schlegel.

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