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Politik: SPD straft Scholz und Clement ab

Nur knapp in den Parteivorstand gewählt / Schröder in Bochum: Regieren muss man wollen

Bochum. Fast die Hälfte der Delegierten des Bochumer SPD-Parteitags haben Generalsekretär Olaf Scholz die Unterstützung verweigert. Bei seiner Wiederwahl erhielt Scholz gerade mal 52,6 Prozent der Stimmen. Bundeskanzler Schröder wurde mit 80,8 Prozent für zwei weitere Jahre als SPD-Chef bestätigt. Damit erhielt er knapp sechs Prozent weniger, als bei seiner Wahl vor zwei Jahren. Von Schröders fünf Stellvertretern erhielt Wolfgang Thierse das beste und Wolfgang Clement mit 56,7 Prozent das magerste Ergebnis. Schröder hatte zuvor an seine Partei appelliert, die Regierung bei den Reformen nach allen Kräften zu unterstützen.

Bei der Wahl am Abend erhielt Scholz nur 264 von 502 gültigen Stimmen. In den Wochen vor dem Parteitag hatte es harsche Kritik aus der Partei an der Arbeit des Generalsekretärs gegeben. Die Parteispitze um Gerhard Schröder hatte daraufhin öffentlich zur Solidarität mit Scholz aufgerufen. Scholz gehört zu den bedingungslosen Unterstützern der Regierungsagenda 2010. Unter den Delegierten wurde das äußerst schlechte Wahlergebnis auch als indirekte Kritik an Schröders Politik gewertet. Scholz gilt nun als erheblich geschwächt.

Schröder selbst bedankte sich für ein „ehrliches Ergebnis“ bei der Wahl zum SPD-Chef, das der „Würde der Partei gerecht“ werde. Überraschend schlecht fiel auch das Ergebnis für Clement aus. Mit 56,7 Prozent erhielt er das wohl schlechteste Ergebnis eines SPD-Parteivize seit Jahrzehnten. Bundestagspräsident Thierse erreichte dagegen gut 90 Prozent, Entwicklungsministerin Wieczorek-Zeul 84,6 Prozent. Kurt Beck (82,6 Prozent) und Ute Vogt (70,5 Prozent) schafften zum ersten Mal den Sprung in den stellvertretenden Parteivorsitz.

In seiner rund 80-minütigen Parteitagsrede hatte Schröder seine Partei am Nachmittag zur Mitverantwortung aufgerufen. „Die Regierungsverantwortung trägt nicht der Bundeskanzler oder die Regierung allein. Die Partei muss sie schon wollen“ sagte er.

Es gehe jetzt darum, das Land zu erneuern und dabei auch „uns selbst zu erneuern, auch unsere Partei“.

Unter verhaltenem Beifall der 523 Delegierten skizzierte Schröder sein Bild eines Deutschlands im Jahr 2010. Dieses Land sei Spitze in Wirtschaft, Bildung und Forschung. Es müsse ein Land für Familien sein, ein Land, in dem Ältere und Jüngere füreinander da seien, in dem Frauen Familien und Beruf verbinden könnten. Den Solidargedanken verband der Kanzler mit dem Hinweis, dass anspruchsvolle Arbeit sozial abgesichert sein müsse und dass dieses Deutschland nicht von denen beherrscht werden dürfe, die das große Kapital kontrollierten.

Der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel bescheinigte SPD-Chef Schröder Machtwillen, aber keine inhaltliche Stärke. Die Opposition heuchle. Vor diesem Hintergrund warnte Schröder seine eigene Partei, vor der Realität zu kapitulieren. Die SPD müsse nach ihren Werten handeln, weil sonst wieder viele Jahre Opposition drohen könnten. Opposition sei einfacher, man könne fordern und Pläne für Wohltaten vorlegen. In der Regierung könne man nicht im Abstrakten bleiben. Schröder appellierte an den Stolz der Partei. „In den schwersten Zeiten unseres Landes waren es immer die deutschen Sozialdemokraten, die geradegestanden sind und das Richtige getan haben.“

In einer mehr als dreistündigen Aussprache äußerten zahlreiche Delegierte Kritik am Erscheinungsbild der Partei und an den Maßnahmen der Agenda 2010.

Markus Feldenkirchen

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