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Politik: SPD und FDP kritisieren Stasi-Urteil

Innenexperte Wiefelspütz: Presse und Forscher haben gleiches Interesse am Material der Birthler-Behörde

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Berlin - Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz hat Zweifel, ob das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig sich bei seinem Urteil über die Herausgabe der Stasi-Akten des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl an Geist und Buchstaben des Stasi-Unterlagengesetzes gehalten hat. Politiker von Regierung und Opposition diskutieren deshalb darüber, das Gesetz zu präzisieren. Dieter Wiefelspütz und der FDP-Innenpolitiker Max Stadler bezogen sich dabei auf die Unterscheidung, die das Gericht zwischen der Herausgabe von Akten an Wissenschaftler und an Journalisten gemacht hat.

Stadler sagte dem Tagesspiegel, er halte eine Novelle des Gesetzes für nötig. „Zwar begrüße ich die Stärkung des Persönlichkeitsrechts durch das Gericht ausdrücklich. Die richterliche Unterscheidung zwischen Wissenschaftlern und Journalisten und die Besserstellung der Forschung gegenüber den Medien ist jedoch weder gerechtfertigt noch durchhaltbar“, sagte er. Für diese Differenzierung, die das Gericht vorgenommen hatte, gebe es keinen Anlass. „Hier entstehen Friktionen, die nicht hinnehmbar sind, und dies sollte sicher für den Gesetzgeber Anlass sein, über eine Nachbesserung des Gesetzes nachzudenken“, sagte Stadler.

Dieter Wiefelspütz gab Stadler zwar Recht, warnte aber zugleich vor „voreiligen Bewertungen in jede Richtung“, sagte er dem Tagesspiegel. Angesichts der komplexen Materie sei jede vorschnelle Kritik an dem Urteil unseriös. Allerdings habe der Gesetzgeber nie beabsichtigt, dass zwischen Forschung und Medien beim Zugang zu Stasi-Unterlagen unterschieden werden könne. Er sei „schon verwundert“, so Wiefelspütz, wenn das Gericht nun die Auswertungsmöglichkeiten von Stasi-Unterlagen für Wissenschaftler einerseits und Journalisten andererseits unterschiedlich bewertet habe: „Medien und Forschung haben das gleiche Erkenntnisinteresse.“ Deshalb müsse man „sehr genau hinsehen“, ob Änderungen nötig seien. Das müsse man aber von der noch nicht vorliegenden schriftlichen Urteilsbegründung abhängig machen. Wiefelspütz war einer der Hauptautoren des Stasi-Unterlagengesetzes.

Das Gericht in Leipzig hatte in dem von Altkanzler Kohl angestrengten Verfahren entschieden, dass Akten mit „personenbezogenen Informationen“ im Grundsatz nur zu Forschungszwecken verwandt werden dürften. An die Presse dürften sie nur mit der Einwilligung der Betroffenen herausgegeben werden. Aus Spionage gewonnene Erkenntnisse will das Gericht komplett unter Verschluss gehalten sehen. Die Leiterin der Stasi-Aktenbehörde, Marianne Birthler, hatte die Entscheidung kritisiert und gewarnt, dies könne die Aufarbeitung stark behindern.

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