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SPD und Linke: Ein Jahr rot-rote Versuchungen

Die größte Herausforderung, die bis zur Bundestagswahl am 27. September 2009 auf Müntefering und Steinmeier zukommt, könnte die Frage nach dem Umgang mit der Linkspartei sein. Sie stellt sich schon verstärkt im November.

Nach den Jubelfeierlichkeiten im Neuköllner Estrel-Hotel, wo sich die Genossen am Wochenende mit Frank-Walter Steinmeier und Franz Müntefering ein neues Duo an die Spitze gewählt haben, beginnen für die SPD wieder die Mühen der Ebene. Der Bildungsgipfel, auf dem sich Kanzlerin Angela Merkel im Licht der Aufmerksamkeit sonnen wird, ist dabei noch das geringste Problem.

Die größte Herausforderung, die bis zur Bundestagswahl am 27. September 2009 auf Müntefering und Steinmeier zukommt, könnte die Frage nach dem Umgang mit der Linkspartei sein. Sie stellt sich verstärkt in der ersten Novemberhälfte. Dann will sich Hessens SPD-Chefin Andrea Ypsilanti mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen lassen. Es wäre die erste Zusammenarbeit von SPD und Linken im Westen – eine Premiere, die vor allem Steinmeier nie gewollt hat. Formal können sich Parteichef und Kanzlerkandidat darauf zurückziehen, die Entscheidung sei Ländersache. Das Glaubwürdigkeitsproblem der SPD-Spitze, was ihre stetig wiederholte Absage an Koalitionen mit der Linken auf Bundesebene anbelangt, ist damit aber noch nicht aus der Welt.

Eine weitere Hürde stellt die Kür des Bundespräsidenten im Mai 2009 dar. Die SPD geht mit Gesine Schwan ins Rennen, obwohl das konservative Lager in der Bundesversammlung über eine Mehrheit verfügt. Auch im Fall Schwan war Steinmeier ursprünglich dagegen, musste sich unter dem damaligen SPD-Chef Kurt Beck aber beugen. Inzwischen unterstützt er die Kandidatur, auch wenn Gesine Schwan bei den Linken um Unterstützung wirbt. Das wiederum wirft einmal mehr die Frage nach Rot-Rot auf. Dazu kommt: Selbst wenn Schwan im dritten Wahlgang alle Stimmen der Linken erhalten sollte, dürfte dies nicht ausreichen, um Amtsinhaber Horst Köhler abzulösen. Damit droht der SPD vier Monate vor der Bundestags- und wenige Tage vor der Europawahl eine schwere Schlappe.

Die Frage nach dem Umgang mit der Linkspartei wird wohl den ganzen Sommer 2009 über auf der Tagesordnung stehen. Denn am 30. August 2009 wird im Saarland, in Thüringen und in Sachsen gewählt. Im Saarland, dem Stammland von Oskar Lafontaine, schließt SPD-Landeschef Heiko Maas Rot-Rot nicht aus – aber nur mit der SPD als stärkster Kraft.

In Thüringen ist SPD-Landeschef Christoph Matschie grundsätzlich offen für ein Bündnis mit den Linken – auch mit der SPD als Juniorpartner, sofern diese den Ministerpräsidenten stellen kann. Vielleicht hatte Franz Müntefering diese Termine im Sinn, als er den SPD-Delegierten im Estrel-Hotel zurief, sie sollten jetzt bloß nicht übermütig werden. has/AFP

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