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Politik: SPD verspricht: Kassenbeiträge sinken

Müntefering legt sich auf 13 Prozent fest / Schmidt hält Gesundheitssystem in seiner jetzigen Form für nicht zu retten

Von Antje Sirleschtov

Berlin. Wenige Tage nach dem Kompromiss zur Reform des Gesundheitssystems kündigt die Regierung weitere radikale Schritte an. Das System sei in seiner jetzigen Form nicht zu retten, sagte Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD). Es müsse „spätestens bis 2010“ umgebaut werden. Bis 2007 strebe sie eine Absenkung der Kassenbeiträge von rund 14,4 auf 12,15 Prozent an. SPD-Fraktionschef Franz Müntefering sagte dem Tagesspiegel am Sonntag, er garantiere die Absenkung der Beiträge. „13 Prozent sind versprochen – im Laufe der Legislaturperiode“. Derweil stellten weitere Kassen, darunter die AOK, Beitragssenkungen in Aussicht.

Von Antje Sirleschtov

und Markus Feldenkirchen

SPD-Fraktionschef Müntefering verteidigte die Eckpunkte zur Gesundheitsreform als „richtig“ und „gerecht“. Kritikern hielt er entgegen, es steckten „mehr Strukturreformen darin, als Besserwisser behaupten“. Gleichwohl habe auch er sich mutigere Strukturreformen gewünscht. Müntefering plädierte dafür, die Reform von Renten- und Pflegeversicherung „in ähnlicher Runde zu verhandeln“. Dies bringe das Vertrauen der Menschen in die Politik zurück. Bei dem für die SPD heiklen Thema der Herausnahme des Zahnersatzes aus dem Bereich der gesetzlichen Grundversicherung verwies Müntefering auf die Rolle der Union: „Die Zahnlücken sind die von Frau Merkel. Das sind nicht unsere.“ Von seiner Fraktion erwarte er „eine ganz breite Zustimmung“ zur Gesundheitsreform.

Neben Sozialministerin Schmidt mahnte auch Wirtschaftsminister Wolfgang Clement eine Fortsetzung der Reformen des Gesundheitswesens an. Clement sagte der „Bild am Sonntag“: „Wir sind nicht mehr in der Lage, das System wie bisher zu finanzieren.“ Deutschland befinde sich „in einem gravierenden Umbau, bei dem der Einzelne wieder mehr Eigenverantwortung – und mehr eigene Lasten – übernehmen muss.“ Auch Kassen, Ärzte, Apotheker und Pharmaindustrie müssten sich auf weitere Veränderungen einstellen. „Wir brauchen noch wesentlich mehr Bewegung, mehr Markt und Wettbewerb und weniger Bürokratie.“ In der Debatte um ein langfristiges Umsteuern in Richtung Bürgerversicherung oder Kopfpauschalen-Modell sind beide große Volksparteien noch uneinig. Während SPD-Sozialministerin Schmidt das Modell der Bürgerversicherung, in das alle Bürger einzahlen, unterstützt, sieht es Fraktionschef Müntefering skeptisch. „Die ganzen Schnellschüsse finde ich nicht gut“, sagte er.

Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Storm (CDU), warnte vor einem schnellen Systemwechsel im Gesundheitssystem. „Frühestens in der nächsten Wahlperiode“ sollte darüber entschieden werden, sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Im Gegensatz zum CSU-Gesundheitsexperten Horst Seehofer, der dem „Spiegel“ sagte, er werde „für die Bürgerversicherung kämpfen“, lehnt Storm das Konzept ab. Es sei „ausgesprochen problematisch“ und löse die Probleme des Gesundheitssystems langfristig „überhaupt nicht“.

Über eine kurzfristige Beitragssenkung und den Abbau der Schulden wollen die Krankenkassen Anfang der Woche mit Sozialministerin Schmidt verhandeln.

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