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SPD-Vizefraktionschefin Ziegler: "Wir wollen eine neue Familienförderung ohne Ehegattensplitting"

Die SPD-Politikerin Dagmar Ziegler sprach mit dem Tagesspiegel über Möglichkeiten, Familien ohne das Ehegattensplitting zu fördern und die Diskriminierung von Homosexuellen zu beenden.

Frau Ziegler, Sie fordern, dass die steuerliche Gleichstellung homosexueller Paare nur ein Zwischenschritt sein könne. Warum?

Solange es das Ehegattensplitting gibt, muss es auf eingetragene Lebenspartnerschaften übertragen werden. Denn wir wollen die Diskriminierung von Homosexuellen beenden. Aber: Anders als die Union, wo einige versuchen, die Debatte zu nutzen, um das Ehegattensplitting in seiner jetzigen Form zu manifestieren, wollen wir etwas anderes. Wir wollen das Ehegattensplitting abschaffen, weil es sich überholt hat.

Was ist denn so schlimm an einem Steuervorteil für Ehepaare?

Das Ehegattensplitting bevorteilt Ehepaare, völlig unabhängig davon, ob sie Kinder haben oder nicht. Andere Familienformen mit Kindern aber ohne Trauschein gehen leer aus. Das macht es zu einer ungerechten Steuerprivilegierung. Es ist zwar richtig, dass das Grundgesetz die Ehe unter besonderen Schutz stellt, aber das rechtfertigt nicht die Benachteiligung anderer Lebensformen. Außerdem wirkt sich das Ehegattensplitting vor allem in Ehen aus mit einem Alleinverdiener, in der Regel der Mann. Es verführt dazu, dass Frauen nicht mehr arbeiten gehen. Dieses Modell ist längst überholt.

Und was schlagen Sie vor?

Wir wollen Kinder stärker fördern. Deshalb wollen wir eine neue Familienförderung ohne Ehegattensplitting. Dabei setzen wir auf ein einkommensabhängiges Kindergeld, einen gesetzlichen Mindestlohn, den Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen und eine Individualbesteuerung. Das heißt, jeder zahlt seine Einkommensteuer so als sei er solo.

Das ist aber selbst in ihrer Partei nicht unumstritten.

Wir haben klare Parteitagsbeschlüsse dazu und diese Form der Familienförderung wird auch Bestandteil unseres Wahlprogramms werden.

In der CDU wird ein Familiensplitting diskutiert. Gewissermaßen ein erweitertes Ehegattensplitting, bei dem Kinder stärker berücksichtigt werden. Das ist doch auch nicht schlecht.

Da haben wir keine Gemeinsamkeiten mit der CDU. Denn dieses Modell ist qualitativ nichts anderes als das Ehegattensplitting. Da wird das Einkommen nicht nur halbiert, sondern pro Kind wird ein bestimmter Faktor dazu gezählt, wodurch die Steuerersparnis bei Ehen mit Kindern größer sein soll. Nur profitieren davon auch wieder nur die hohen Einkommensgruppen. Familien mit kleinen und mittleren Einkommen und die meisten Alleinerziehenden gehen wieder mal leer aus. Das  wird es mit der SPD nicht geben.

Wie stellen Sie sich eine solche Umstellung vor?

Das geht natürlich nicht von heute auf morgen. Bestehende Ehen und bereits eingetragene Lebenspartnerschaften wären davon nicht betroffen. Sondern diese Regelung sollte dann nur für neue Ehen gelten. Da es derzeit nicht so aussieht, als würde sich die Union in diesem Punkt bewegen, wird das aber ein wichtiges Projekt für die nächste Legislaturperiode.

Noch ist ja nicht mal sicher, ob das derzeitige Ehegattensplitting überhaupt auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften übertragen wird.

Ich bin gespannt, wie unser fraktionsübergreifender Antrag angenommen wird. Die FDP muss jetzt Farbe bekennen und zeigen, ob sie es bei diesem Thema ernst meint. Von der Familienministerin Frau Schröder ist nicht viel zu erwarten. Sie versucht sich jetzt zwar an die Spitze der Bewegung zu stellen, aber das Thema hat sie selbst lange liegen lassen. Deshalb ist ihre Position nur eine heuchlerische Show.

Dagmar ziegler ist stellvertretende Fraktionsschefin der SPD

Das Gespräch führte Antje Sirleschtov.

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