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Matthias Machnig ist seit 2009 Wirtschaftsminister in Thüringen.

© dpa

SPD-Wahlkampf: "Wenn diese Regierung im Amt bleibt, scheitert die Energiewende"

Matthias Machnig, der Mann für Umwelt- und Energiepolitik im Kompetenzteam von SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, spricht im Interview über verpasste Chancen der Regierung, steigende Strompreise und den Streit in der SPD.

Von Hans Monath

Herr Machnig, die SPD kommt nicht über die 30-Prozent-Hürde. Wie hilfreich ist da auch noch Streit zwischen Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel?

Es gibt keinen Streit in der SPD-Führung. Wir wissen genau, dass Geschlossenheit eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass wir am 22. September Erfolg haben. Peer Steinbrück hat klargestellt, dass er die Nummer eins ist. Der Weckruf ist angekommen. Jetzt wollen wir uns mit der Bundesregierung über Inhalte auseinandersetzen.

Geht es nicht schon um die Schuldverteilung für eine verlorene Wahl?

Das ist Unsinn. Die SPD weiß, dass es in den letzten 83 Tagen darauf ankommt, über Themen zu reden. CDU und CSU haben uns vor einer Woche mit ihrem Wahlprogramm eine Steilvorlage gegeben. Dessen Versprechen sind nicht finanziert. Wo das Programm konkret werden müsste, etwa in Bezug auf den Arbeitsmarkt, ist es so unbestimmt, dass man schon von Politikverweigerung reden muss. Ein Fotoalbum von Angela Merkel wäre aussagekräftiger als dieses Müsste-mal-Programm, das alles im Konjunktiv formuliert und unter Finanzierungsvorbehalt stellt.

Wie gefährlich ist es, dass Kanzlerin Merkel Unterschiede zur SPD nivelliert?

Das ist doch nur eine semantische Ranschmeiße, die inhaltlich nicht gedeckt ist. Die Union verspricht eine Lohnuntergrenze, dabei wird es mit ihr keinen gesetzlich fixierten Mindestlohn geben. Das Modell der CDU ist ein löchriger Schweizer Käse. Oder die Mietpreisbremse. Die Union hat doch im Bundestag gerade Vorschläge der SPD dazu abgelehnt. Angela Merkel versucht, die Wähler zu täuschen.

Aber ihre CDU liegt in Umfragen vorne.

Eine selbstbewusste CDU gibt es schon lange nicht mehr. Wenn Frau Merkel auf einem Parteitag den Antrag auf Selbstauflösung ihrer Partei stellt, bekommt sie eine Mehrheit dafür. Dann kann sich die CDU umbenennen in Erste Merkel Partei Deutschlands, kurz EMPD. Das wäre zumindest ehrlich. Die CDU ist inhaltlich entkernt, ihr einziger Programmpunkt heißt Angela Merkel. Das ist für die Zukunft Deutschlands zu wenig.

Wie will die SPD gegen die populäre Kanzlerin ankommen?

Bei Bundestagswahlen geht es immer um die drei P, um Person, Programm und Partei. Die CDU hat sich auf eine Person reduziert. Mehr als die Hälfte der Bürger will eine andere Bundesregierung. Wir werden klarmachen: Wer Merkel wählt, wird Schwarz-Gelb bekommen und damit Weiter-so, Aussitzen, Verharmlosen – Merkeln eben.

Sie wollen Wahlkampf von unten machen – wie soll das gehen?

Entscheidend ist die Höhe der Wahlbeteiligung. 2009 lag sie bei 70,8 Prozent, das war der niedrigste Wert seit 1949. Im Schnitt aber liegt die Wahlbeteiligung in Deutschland bei rund 80 Prozent. Wir werden unsere Wähler über alle Kanäle ansprechen, über die Medien, aber auch im Direktkontakt bei fünf Millionen Hausbesuchen. Bei einer Wahlbeteiligung von 80 Prozent wird Peer Steinbrück Bundeskanzler.

Wo wollen Sie die Wähler herholen?

Die SPD hat in den vergangenen Bundestagswahlen Stimmen früherer Unterstützer verloren, die aber nicht bei einer anderen Partei ihr Kreuz gemacht haben. Sie sitzen gleichsam im Wartesaal, wir können sie mit thematischen Angeboten zu Löhnen, Rente, Gesundheit abholen. Wir werden beweisen: Was sozialpolitisch vernünftig ist, ist auch ökonomisch vernünftig.

Sind die Themen Energie und Umwelt, für die Sie im Kompetenzteam zuständig sind, für SPD-Wähler wichtig?

Unbedingt. Fast 80 Prozent der Menschen halten den Anstieg der Energiepreise für ein drängendes Thema. Unternehmer, Wissenschaftler und Energieexperten sind sich einig, dass die Bundesregierung bei der Energiewende dramatisch versagt. McKinsey kommt zu dem Schluss, dass von den drei Kernzielen Klimaschutz, Versorgungssicherheit und wettbewerbsfähige Energiepreise kein einziges erreicht wird.

Hat Rot-Grün nicht die Strompreise in die Höhe getrieben, indem Sie mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu hohe Förderungen zahlten?

Nein. Der dramatische Anstieg der Umlage um zwei auf über fünf Cent ist erst in den vergangenen vier Jahren erfolgt, also unter Merkel, Altmaier, Rösler – obwohl Merkel versprochen hat, einen Anstieg über 3,5 Cent hinaus zu verhindern. Umweltminister Peter Altmaier hat so viele Ankündigungen gemacht und nicht eingelöst, dass er damit den Unternehmen jede Investitionssicherheit nimmt. Wenn diese Regierung im Amt bleibt, scheitert die Energiewende.

Angela Merkel will die erneuerbaren Energien zügeln, wenn sie die Wahl gewinnt. Was halten Sie von diesem Konzept?

Sie hat kein Konzept. Das Wahlprogramm der Union macht keine konkreten Aussagen zu einer Strukturreform des EEG, zu Speicherkapazitäten und zum Anteil erneuerbarer Energie im Jahr 2020. Im Wahlprogramm der Union ist die Energiepolitik ein schwarzes Loch. Das können wir uns als Wirtschafts- und Sozialstandort nicht leisten.

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