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SPD-Zukunftskonvent: Mit letzter Kraft zurück zur Mitte

Mit neuen Positionen und frischem Schwung will sich die SPD auf ihrem Zukunftskonvent in Nürnberg besser verkaufen. Der Vorsitzende Kurt Beck will die Partei zurück in die Mitte bringen, um endlich einen Strich unter die leidige Debatte über die Linkspartei machen zu können. Doch Beck ist angeschlagen.

In regelmäßigen Abständen fällt die SPD in ein neues Umfragetief - ein Ende der Krise der ältesten Volkspartei Deutschlands scheint nicht absehbar zu sein. So sackten die Werte der Sozialdemokraten im ZDF-Politbarometer am Freitag weiter ab. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, würden lediglich 25 Prozent der Wähler der SPD noch ihre Stimme geben. Die Union liegt unverändert bei 40 Prozent. Die SPD schlingert zwischen linker Sozialromantik und dem Zwang zu kontinuierlicher Modernisierung.

Etwa 3000 Sozialdemokraten werden zum Zukunftskonvent der Partei am Samstag in Nürnberg erwartet. Der Parteivorsitzende Kurt Beck will dort die Genossen einschwören auf die Wahlkämpfe im kommenden Jahr. Dabei hat sich die Partei doch vor gerade einmal einem halben Jahr schon einmal eingestimmt auf kommende Wahlkämpfe: Von dem Hamburger Parteitag Ende Oktober sollte ein Signal der Geschlossenheit ausgehen, mit einem neuen Grundsatzprogramm wollte die SPD in kommende Schlachten ziehen. Es war ein Signal, das nach links zeigte. Beinahe einstimmig verabschiedete die Partei ein Programm, dessen zentraler Begriff der "vorsorgende Sozialstaat" war.

Neues Prinzip der Leistungsgerechtigkeit

Nun, wenige Monate später, soll ein gänzlich anderes Zeichen gesetzt werden. Im Mittelpunkt eines am Donnerstag vorgestellten Positionspapiers steht ein neuer Begriff: "Leistungsgerechtigkeit". "Wir wollen eine neue Aufstiegskultur, in der wir gemeinsam vorankommen und der Erfolg des Einzelnen zum Aufstieg der ganzen Gesellschaft beiträgt", heißt es dort – und erinnert verdächtig an die Sprache der FDP. Das Papier soll die Grundlage bilden für den Zukunftskonvent.

Selbstverständlich dürfen dort die SPD-Dauerbrenner Mindestlöhne und Reichensteuer nicht fehlen. Insgesamt aber trägt das Papier die Handschrift der SPD-Modernisierer wie etwa Frank-Walter Steinmeier. Intern sollen sich die beiden Kontrahenten Beck und Steinmeier sogar schon auf eine Regelung der Kanzlerkandidatur verständigt haben. Das Nachrichtenmagazin "Focus" berichtet, der angeschlagene Parteivorsitzende wolle zu Gunsten Steinmeiers auf eine Kanzlerkandidatur verzichten. Das neue Papier bringt dies mehr als deutlich zum Ausdruck.

Rezepte gegen die Linke verzweifelt gesucht

Die Rede von Kurt Beck auf dem Zukunftskonvent wird mit Spannung erwartet. Er muss den Delegierten einen Kurs zurück zur Mitte verkaufen, obwohl er die Partei im vergangenen Jahr nach links rückte, um den Einfluss der Linkspartei zu schmälern. Doch seit dem Hamburger Parteitag ist viel passiert: Die Wähler haben der SPD ihr Techtelmechtel mit der Linkspartei in Hessen übel genommen. Schon jetzt ist die beherrschende Debatte rund um die Bundespräsidentenwahl im nächsten Jahr nicht die Eignung der SPD-Kandidatin Gesine Schwan, sondern die darüber, dass die SPD-Kandidatin nur eine reelle Chance mit den Stimmen der Linken hätte.

Die Debatte um eine Zusammenarbeit mit der Linken hat die SPD unvorbereitet getroffen und noch immer sucht die Partei verzweifelt nach einem Rezept gegen die selbstbewussten Konkurrenten. Die Parteispitze soll sich darauf verständigt haben, auf dem Wahlparteitag im kommenden Jahre eine Zusammenarbeit mit der Linken nach 2009 auszuschließen. Die SPD rudert wieder in die Mitte und Kurt Beck muss diesen Kurs nun vertreten.

Letzte Chance für Beck

Offensiv umwerben die Sozialdemokraten jetzt daher die FDP. In einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk erklärte Beck, er könne sich "durchaus Brücken zur FDP vorstellen". Die jedoch winkt ab: FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte umgehend in der "Süddeutschen Zeitung", er sehe "derzeit keine inhaltliche Grundlage" für eine Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP.

Die SPD steckt fest in ihrem Dilemma: Sie hat die Gefahr, die ihr durch die Linkspartei droht, klar unterschätzt und sich nicht ausreichend auf die Bedingungen im neuen Fünf-Parteien-System vorbereitet. Der Parteivorsitzende Kurt Beck schlingert von der Mitte nach links und nun zurück in die Mitte – und verliert dadurch an Glaubwürdigkeit. Sind die Umfragewerte für die SPD schlecht, kann man die von Kurt Beck nur noch als miserabel bezeichnen. Nur noch 15 Prozent der Deutschen würden sich Beck als Kanzlerkandidaten der SPD wünschen. Bei der Frage nach der Bewertung von Spitzenpolitikern bekommen nur Gregor Gysi und Oskar Lafontaine von der Linken noch schlechtere Noten als Beck.

Ob die Wähler der SPD den neuerlichen programmatischen Schwenk abkaufen, bleibt abzuwarten. Für den Vorsitzenden Kurt Beck könnte der Zukunftskonvent seine letzte Chance sein.

Nicole Meßmer

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