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Spitzel: CIA wollte deutsche Kriminelle anwerben

Die CIA hat nach Informationen des Tagesspiegel mehrere Landesbehörden für Verfassungsschutz gebeten, bei der Anwerbung von Spitzeln behilflich zu sein. Der Geheimdienst wollte muslimische Kriminelle anwerben, hieß es.

Berlin - Die CIA habe 2003 und 2004 gefragt, ob der Verfassungsschutz dafür sorgen könnte, dass inhaftierte muslimische Kriminelle vorzeitig entlassen werden, berichteten Sicherheitskreise dem Tagesspiegel. Die Amerikaner hätten auch Interesse an muslimischen Rauschgifthändlern gehabt, in die in deutschen Gefängnissen einsitzen. Es sei das Ziel der CIA gewesen, entlassene muslimische Kriminelle als Spitzel anzuwerben, die bei Al Qaida eingeschleust werden sollten. Die CIA habe auch angeboten, den Häftlingen ein "Handgeld" in siebenstelliger Höhe zahlen, sagten Sicherheitsexperten.

Die Amerikaner hätten die Verfassungsschützer auf ihren Umgang mit gesprächsbereiten Rechtsextremisten verwiesen. Tatsächlich haben Verfassungsschutzbehörden bei einigen inhaftierten Neonazis die Justiz zu einer frühen Freigabe gedrängt. Die Rechtsextremisten kehrten als V-Leute in ihre Szene zurück. Doch die Verfassungsschützer lehnten die CIA-Wünsche ab. Rauschgifthändler, auch wenn sie sich in der Haft zu strenggläubigen Muslimen wandelten, seien unzuverlässig. Außerdem waren die Deutschen nicht bereit, auf diese Weise der CIA vom chronischen Mangel an menschlichen Quellen abzuhelfen.

Dieser Fall ist nur einer von mehreren, der die von der CIA in der Bundesrepublik angewandten Methoden dokumentiert. Nach den Anschlägen des 11. September 2001 haben die deutschen Behörden nach Angaben aus Sicherheitskreisen etwa viermal mitbekommen, dass CIA-Agenten Wohnorte von Terrorverdächtigen ausspionierten und die Zielpersonen beschatteten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz intervenierte jedoch und stoppte die Amerikaner. Der CIA wurde nachdrücklich klar gemacht, dass ihre Aktionen in Deutschland illegal waren.

Ein weiterer, gravierender Fall ereignete sich laut Sicherheitsexperten Ende der 90er Jahre. Angesichts der verschärften Konkurrenz zwischen dem US-Flugzeugbauer Boeing und dem europäischen Konsortium Airbus habe die CIA, versucht, Industriespionage zu betreiben. Hochrangige Beamte im Bundeswirtschaftsministerium seien von den Amerikanern kontaktiert worden. Das Ministerium habe jedoch den Verfassungsschutz informiert. Danach seien, so ein Sicherheitsexperte, mehrere CIA-Agenten "in aller Stille nach Hause geflogen".

Geheimgefängnisse, wie sie die CIA in Osteuropa unterhalten soll, gibt es nach Ansicht deutscher Sicherheitsexperten hier nicht. Dass CIA-Maschinen mit gefangenen Terrorverdächtigen in der Bundesrepublik zwischenlanden, halten Fachleute für wahrscheinlich, zu beweisen sei es nicht. Deshalb warnte der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, vor einer Verurteilung der Amerikaner. Sollten sie über ihre deutschen Landeplätze Kriegsgefangene transportieren, "wäre das noch nicht anstößig", sagte Wiefelspütz dem Tagesspiegel. Außerdem könne es legitim sein, dass Flüge geheim gehalten werden. Wiefelspütz betonte, auch für die USA gelte die Unschuldsvermutung. Außerdem hätten die Amerikaner eine Erklärung zu den Flügen angekündigt. (tso/tsp)

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