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Selbst Baden-Württembergs türkischstämmige Integrationsministerin , Bilkay Öney (Spd), sieht keinen Grund zu handeln.

© dpa

Sprachtest rechtswidrig: Regierung ignoriert Mahnung aus Brüssel

Dass Familienmitglieder von Migranten verpflichtet werden, einen Sprachtest zu absolvieren, bevor sie nach Deutschland einreisen, ist rechtswidrig. So der Befund aus Brüssel. Die Regierenden zucken mit den Schultern.

Weder die baden-württembergische Landes- noch die Bundesregierung wollen auf eine Intervention der EU-Kommission reagieren, die verpflichtende Sprachtests für Familienmitglieder vor der Einreise kürzlich als Verstoß gegen EU-Recht gewertet hat. In einem niederländischen Fall hatten die Kommissionsjuristen festgestellt, dass die EU-Staaten zwar Integrationsforderungen stellen dürften; Vorrang habe aber das Recht auf Zusammenleben mit der Familie, das in der EU-Charta und einer Richtlinie zur Familienzusammenführung verbrieft ist.

In Antworten auf Anfragen der Linken und der Grünen im Bundestag hat die Bundesregierung nun bestritten, dass die Stellungnahme aus Brüssel Folgen für Deutschland habe, wo ebenfalls seit 2007 ein verpflichtender Integrationstest den Nachzug von Familienangehörigen verhindern kann. Die Bundesregierung ziehe daraus „keine Rückschlüsse auf die deutschen Regelungen zum Sprachnachweis“, heißt es in der Antwort auf eine Anfrage des Grünen-Migrationspolitikers Mehmet Kilic. An die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken Dagmar Enkelmann, die sich über die Reaktion der Bundesregierung auf das Thema beschwert hatte, schrieb der Parlamentarische Staatssekretär Ole Schröder (CDU), es sei „nicht die Aufgabe der Bundesregierung, sich fortlaufend zu einzelnen Rechtsauffassungen und abstrakten Rechtsfragen in Bezug auf die Auslegung europäischen Rechts“ zu äußern und „einen juristischen Fachdisput“ zu führen. Auch Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) sah am Wochenende auf Nachfrage im Deutschlandradio Kultur keinen Grund zum Handeln.

Aus Sicht des Grünen Kilic ignoriert die Bundesregierung damit die Kommission, die Hüterin der europäischen Verträge ist. Die Antwort mache deutlich, „dass sie auch auf europäischer Ebene von rechtsstaatlichem Handeln nicht viel hält, wenn es um die elementaren Rechte von bestimmten Ausländern geht“. Die Migrationspolitikerin Sevim Dagdelen (Linke) kommentierte die Antwort auf ihre eigene Kleine Anfrage, die Regierung rede sich heraus. Die Stellungnahme der Kommission sei „grundsätzlicher Natur“, eine Prüfung der deutschen Vorschriften folglich „zwingend“.

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