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Politik: Srebrenica: Täter und Überlebende beten

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen haben sich am Mittwoch rund 5000 Moslems aus ganz Bosnien zum Gedenken an das Massaker in der früheren UN-Schutzzone Srebrenica vor sechs Jahren versammelt. Bei der Zeremonie in dem Vorort Potocari wurde ein drei Tonnen schwerer Gedenkstein enthüllt: "Srebrenica, Juli 1995" ist auf ihm zu lesen.

Unter starken Sicherheitsvorkehrungen haben sich am Mittwoch rund 5000 Moslems aus ganz Bosnien zum Gedenken an das Massaker in der früheren UN-Schutzzone Srebrenica vor sechs Jahren versammelt. Bei der Zeremonie in dem Vorort Potocari wurde ein drei Tonnen schwerer Gedenkstein enthüllt: "Srebrenica, Juli 1995" ist auf ihm zu lesen. Das Mahnmal steht in einem Getreidefeld, das zur letzten Ruhestätte für die Toten werden soll. In den nächsten Wochen sollen die ersten Opfer überführt und hier beerdigt werden. Bislang werden ihre sterblichen Überreste in einer umfunktionierten früheren Fabrikhalle in der Kantonshauptstadt Tuzla in Plastiksäcken aufbewahrt. Seit dem Ende des Krieges wurden die Leichen von etwa 4800 Opfern gefunden, erst etwa 100 Tote wurden identifiziert. Weitere 4000 Menschen werden noch vermisst.

Zum Thema Hintergrund: Das Massaker von Srebrenica Mehr als 2300 Sicherheitskräfte, Polizisten und Soldaten der internationalen Sfor-Friedenstruppe waren im Einsatz, als ein Konvoi aus 105 Bussen rund 5000 Überlebende nach Srebrenica, 70 Kilometer nordöstlich von Sarajevo, brachte. Internationale Truppen beobachteten von Panzern und Hubschraubern aus die Lage. Befürchtet wurden Angriffe bosnischer Serben, nachdem es im Mai bei der Grundsteinlegung der großen Moschee in Banja Luka, der Hauptstadt der Serbenrepublik, zu Krawallen serbischer Nationalisten gekommen war. Die Behörden der bosnischen Serbenrepublik hatten zudem angeordnet, alle Straßen um Srebrenica zu schließen und die Kontrollen an den innerbosnischen Grenzen zu verstärken.

An der Gedenkfeier nahmen auch Vertreter der bosnischen Serben teil. Sie wollten "Respekt für die Opfer des tragischen Konflikts" zeigen, hieß es in einer Erklärung des bosnischen Serbenparlaments. Statt politischer Reden gab es bei der Veranstaltung nur Gebete. Die Zeremonie war maßgeblich von dem internationale Bosnien-Beauftragten Wolfgang Petritsch initiiert worden, der den Serben auch die Zusage zur Teilnahme an der Feier abgerungen hatte.

Im letzten Sommer des Bosnienkrieges (1992-1995) waren am 11. Juli vor sechs Jahren Milizen der bosnischen Serben in Srebrenica eingefallen. Die Moslem-Enklave war im April 1993 von den Vereinten Nationen zur Schutzzone erklärt und mit Blauhelmsoldaten ausgestattet worden. Dennoch eroberten die Milizen der bosnischen Serben, die zuvor massive militärische Hilfe aus Rest-Jugoslawien erhalten hatten, im Juli 1995 unter dem Kommando von Ratko Mladic die Stadt. Mladic und der bosnische Serbenführer Karadzic werden deswegen des dem UN-Tribunal wegen Kriegsverbrechen angeklagt.

Die schlecht bewaffneten niederländischen UN-Soldaten in der Enklave leisteten keinerlei Widerstand. Es entbrannte ein Streit über den Sinn eines UN-Mandats "Schutzzone", ohne dass die Soldaten den Opfer tatsächlich Schutz bieten konnten. Für einen Skandal sorgten Bilder im serbischen Fernsehen, wo der befehlende niederländische General mit Mladic aß und trank.

Denn die Serben sortierten vor den Augen der Blauhelme die moslemischen Frauen und Kinder aus und deportierten sie. Die Männer wurden abgeführt und erschossen.

cl

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