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Politik: Sri Lanka: Am Wahltag starb die frühere Regierungschefin

Sie starb so, wie sie ihr ganzes Leben gelebt hatte: aktiv. Am Dienstag erlag Sirimavo Bandaranaike, die erste weibliche Premierministerin der Welt, einem Herzanfall, nachdem sie ihre Stimme bei den an diesem Tag stattfindenden Wahlen abgegeben hatte.

Sie starb so, wie sie ihr ganzes Leben gelebt hatte: aktiv. Am Dienstag erlag Sirimavo Bandaranaike, die erste weibliche Premierministerin der Welt, einem Herzanfall, nachdem sie ihre Stimme bei den an diesem Tag stattfindenden Wahlen abgegeben hatte. Sie war 84 Jahre alt. Diese Wahlen wurden von ihrer Tochter Chandrika Kumaratunga, der Präsidentin des Landes, als die wichtigsten in der Geschichte des Landes bezeichnet, weil sie über Krieg und Frieden entschieden. Denn Sri Lanka befindet sich seit 17 Jahren in einem Bürgerkrieg, der bisher über 60 000 Menschen das Leben gekostet hat. Ausgerechnet die Mutter der Präsidentin, eben Sirimavo Bandaranaike, hatte kräftig zu den Ursachen dieses Bürgerkriegs beigetragen, indem sie aus wahltaktischen Überlegungen die Diskriminierung der tamilischen Minderheit im Lande vorantrieb.

Bandaranaike war nach der Ermordung ihres Mannes Solomon Bandaranaike 1959 durch einen fanatischen buddhistischen Mönch von dessen führerlosen Sri Lanka Freedom Party überredet worden, bei den Wahlen 1960 zu kandidieren, was sie widerstrebend tat. Als "weeping witch", die weinende Hexe, völlig unterschätzt, gewann sie die Wahlen haushoch. Wie zuvor ihr Mann versprach auch sie der singhalesischen Mehrheit, sie werde den Einfluss der Tamilen drastisch reduzieren. Drei Amtsperioden regierte sie das Land, 40 Jahre lang war sie eine dominierende Gestalt in der srilankischen Politik und versuchte, ihren nicht sehr eindrucksvollen Sohn als Nachfolger aufzubauen. Dennoch setzte sich ihre Tochter Chandrika aus eigener Kraft durch und wurde 1994 zur Präsidentin gewählt. Ihre Mutter bekam den Posten der Premierministerin, was in dem inzwischen präsidialen System nur noch ein formales Amt war, das sie im August dieses Jahres aufgab.

In ihrer Amtszeit als Regierungschefin war es Sirimavo Bandaranaike, die ihr Land auf strammen Linkskurs führte, die letzten Verbindungen zur ehemaligen Kolonialmacht England unterbrach, für wesentliche Güter einen Einfuhrstopp verhängte, um Sri Lanka von der Außenwelt unabhängig zu machen, und die wichtige Wirtschaftsbereiche verstaatlichte. Außerdem unterstellte sie landwirtschaftliche Produkte dem statlichen Verteilungssystem, was zu großer Nahrungsmittelknappheit und den berüchtigten Reisschlangen führte. Den Aufstand der nationalmaoistischen JVP 1971 ließ sie brutal niederschlagen. Trotz allem blieb ihre Popularität in Sri Lanka bis zuletzt groß.

Gabriele Venzky

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