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Ein NPD-Freund bei einer Rechten-Demo in Berlin.

© Paul Zinken picture alliance / dpa

Staatliche Parteienfinanzierung: Die NPD ist zu unbedeutend, um für sie die Verfassung zu ändern

Regierung und Koalition wollen der Nazipartei öffentliche Gelder entziehen. Das ist kein "Kampf gegen Rechts", sondern ein Eingriff in den politischen Wettbewerb. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Es sieht so logisch aus: Da ein Verbot der so extrem rechten wie extrem unbedeutenden NPD vor dem Bundesverfassungsgericht gescheitert ist, soll die Nazipartei jetzt zumindest von der staatlichen Finanzierung ausgeschlossen werden. Das Vorhaben hat Chancen, noch vor der Bundestagswahl Gesetz zu werden. Müsste nicht jeder, der eine Zerschlagung der NPD begrüßt hätte, auch den geplanten Geldentzug gutheißen?

Nein, denn es gibt einen fundamentalen Unterschied. Im ersten Fall wurden gesetzliche Möglichkeiten genutzt und auf einen Einzelfall angewendet. Jetzt ist es der Einzelfall – eine Partei, die nicht verboten werden kann –, für den Gesetze erst noch geschaffen werden. Der geplante Eingriff ins Grundgesetz sowie die Begleitgesetze bilden zusammen eine „Lex NPD“. Ein weiterer Fall, auf den sie anzuwenden wären, ist weder erkennbar noch absehbar. Gesetze sind aber gerade darum Gesetze, weil sie eine allgemeine Gültigkeit haben sollen. In der Diskussion sollte es also nicht darum gehen, ob die Situation mit einer anteilig vom Staat finanzierten NPD „unerträglich“ ist, wie die zuständigen Politiker versichern. Sondern um Vor- und Nachteile, die ein solches „Parteiverbot light“ mit sich bringt.

Der Vorteil: Die zurecht verfemte NPD wird weiter geschwächt, vielleicht geht sie sogar pleite. Künftig auftauchende Ultraparteien mit verfassungsfeindlichen Zielen könnten zudem mit dem Geldstopp am Wachsen gehindert werden. Doch hier zeichnet sich zugleich der größte Nachteil ab: Das Finanzverbot ist ein Eingriff in den politischen Wettbewerb. Anders als das Parteiverbot, das den Wettbewerb für eine Partei beendet, kann eine neu entstandene Partei mit dem Geldentzug gezielt klein gehalten werden, obwohl ihr Totalverbot nach den Anforderungen des Verfassungsgerichts zunächst noch unmöglich wäre.

Der Antrag auf ein Parteiverbot ist nicht umsonst als demokratischer Grenzgang ausgestaltet. Wer die Bundesrepublik und ihre Grundordnung abschaffen will, wird selbst abgeschafft. Dazwischen gibt es nichts. Künftig sollen Parteien dieser Sorte zwar weiter existieren dürfen, aber finanziell bestraft werden. Das passt nicht so recht in das Konzept einer ebenso freiheitlichen wie wehrhaften Demokratie, die im Namen der Chancengleichheit vieles zulassen muss, um dann, ab einem gewissen Punkt, mit aller Konsequenz dagegenzuhalten.

Das Konzept einer „abgestuft“ wehrhaften Demokratie will überdacht sein. Aber die Politik hat einen Floh im Ohr: Das Verfassungsgericht selbst, das dies bereits als zulässig erachtet hat. Machen, was möglich ist!, lautet die moralische Devise im Kampf gegen Rechts. Doch Moral ist nicht alles. Wenn die NPD eine Nummer zu klein war, um sie zu verbieten, ist sie auch eine Nummer zu klein, um allein ihretwegen das Grundgesetz zu ändern.

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