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Politik: Staatliches Abhören: Kunstgriff gegen Rechts

Der Staat hört mit. Und zwar immer öfter bei Rechtsradikalen.

Von Frank Jansen

Der Staat hört mit. Und zwar immer öfter bei Rechtsradikalen. Darüber diskutieren Bundesrat und Bundestag schon länger. Die Änderung des so genannten G-10-Gesetzes befindet sich inzwischen im Endstadium. Bereits Ende Januar hat das Bundeskabinett den Entwurf zur "Neuregelung von Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses" beschlossen.

Die vom Bundesverfassungsgericht im Juli 1999 genannten datenschutzrechtlichen Mängel des alten Gesetzes hat die Bundesregierung für einen Kunstgriff genutzt. Sie berücksichtigte die Beschwerden der Karlsruher Richter - und lockerte gleichzeitig die Beschränkungen des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses. Doch außer der PDS-Fraktion und einigen FDP-Abgeordneten hat sich erstaunlicherweise kaum jemand aufgeregt. Warum das so ist, lässt sich anhand des Artikels in "Bild" erahnen: Angesichts der breiten Debatte über die rechte Gefahr gilt staatliches Lauschen offenbar als weniger problemtisch, wenn es Neonazis trifft.

So dürfen die Nachrichtendienste laut Gesetzentwurf nun schon beim Verdacht auf Volksverhetzung abhören und mitlesen. Außerdem wird die Terrorismus-Definition gedehnt: Bislang galten staatsgefährdende Aktionen von mindestens drei Personen als Voraussetzung für eine "Individualkontrolle", jetzt reicht ein Einzeltäter. Befürworter der Gesetzesänderung verweisen auf den Neonazi Kay Diesner, der 1997 in Berlin einen PDS-Mann anschoss und in Schleswig-Holstein einen Polizisten umbrachte.

Ob eine Zunahme staatlicher Lauschaktionen zur Eindämmung rechter Militanz beiträgt, bleibt jedoch offen. Die Sicherheitsbehörden wissen, dass der harte Kern der braunen Szene verstärkt konspirativ agiert. Ein Beispiel: Trotz intensiver Fahndung unter Führung des Generalbundesanwalts sind noch keine Mitglieder der Brandenburger Terrorgruppe "Nationale Bewegung" gefasst, die für eine ganze Serie von Anschlägen verantwortlich ist.

Unterdessen wurde die gegen den Neonazi Manfred Roeder wegen Volksverhetzung verhängte Strafe auf ein Jahr halbiert und zur Bewährung ausgesetzt. In der Berufungsverhandlung würdigte das Schweriner Landgericht ein verlesenes Geständnis des 72-Jährigen. Roeder sei zwar in der Sache nicht belehrbar. Doch könne davon ausgegangen werden, dass er sein Leugnen des Völkermords an den Juden in der Öffentlichkeit nicht wiederhole. Roeder hatte dies im Wahlkampf 1998 getan.

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