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Politik: Staatsbesuch Chatamis: Unterschriftenlisten gegen den Besuch aus dem Iran - Auch rot-grüne Abgeordnete mitunterzeichnet

Der Besuch des iranischen Präsidenten Mohammed Chatami stößt nicht nur bei Teilen der Exil-Iraner auf Bedenken. Auch zahlreiche Bundestagsabgeordnete fordern, den "Besuch des Präsidenten der im Iran herrschenden religiösen Diktatur" abzusagen.

Der Besuch des iranischen Präsidenten Mohammed Chatami stößt nicht nur bei Teilen der Exil-Iraner auf Bedenken. Auch zahlreiche Bundestagsabgeordnete fordern, den "Besuch des Präsidenten der im Iran herrschenden religiösen Diktatur" abzusagen. Arnold Vaatz (CDU) und Jürgen Türk (FDP) gehören dazu, aber auch Mitglieder der rot-grünen Regierungskoalition wie Ernst Ulrich von Weizsäcker, Arne Fuhrmann, Joachim Tappe und Eike Hovermann (alle SPD) und Annelie Buntenbach von den Grünen. Insgesamt sollen nach Angaben des Nationalen Widerstandsrates Iran 175 Bundestagsabgeordnete sowie 300 Landtagsabgeordnete aller politischen Parteien den Appell unterschrieben haben. Darin wird auf Hinrichtungen, Folterungen, Unterdrückung der Opposition und andere Menschenrechtsverletzungen in Iran hingewiesen. Der Besuch Chatamis wird angesichts dieser Situation abgelehnt. Leider war der Widerstandsrat Iran bei einer Veranstaltung im Berliner Hotel Maritim am Mittwoch nicht dazu in der Lage, diese Unterschriftenlisten vorzuzeigen. Der SPD-Abgeordnete Fuhrmann, der auf dem Podium saß, versicherte aber, er habe diese Listen gesehen, schließlich hatte er auch einige wenige Originalseiten in der Hand.

Fuhrmann lehnt Verhandlungen mit der "Marionette" Chatami ab, der als islamischer Reformer gilt, sein Fraktionskollege Hovermann sieht in dem Besuch das "falsche Signal", weil es das Regime stärke, das am Abgrund stehe. Arnold Vaatz sieht die Gefahr, durch die protokollarische Aufwertung des Regimes jene zu unterstützen, die Menschenrechte verletzen. Als ehemaliger DDR-Bürger wisse er, dass es nichts bringe, zwischen Hardlinern und Reformern eines dikatorischen Systems zu unterscheiden, und die Aufwertung des Regimes nur die diktatorischen Elemente verstärke.

Merkwürdig mutet indes an, dass im Bundestag keine Aussprache über den Besuch stattfindet und deutsche Parlamentsabgeordnete dann auf ein Podium des umstrittenen Widerstandsrates klettern. Dessen stärkste Fraktion sind die kadermäßig organisierten Volksmujaheddin, die von Irak aus für den gewaltsamen Sturz des Regimes kämpfen. Tappe versichert, nur die "zivilen demokratischen Anliegen" des Widerstandsrates zu unterstützen, der demokratisch organisiert sei. Auch Vaatz und Fuhrmann sprechen sich gegen einen gewalttätigen Umsturz aus. Allerdings weiß auch keiner der Politiker, wie das Regime auf friedlichem Wege reformiert oder abgelöst werden könnte, nachdem sie dem Chatami-Flügel ausdrücklich das Potenzial dazu abgesprochen haben.

Der SPD-Abgeordnete Jürgen Tappe sieht in der Initiative keine "Konterkarierung der Politik der Bundesregierung", sondern will die Debatte anregen, sein Fraktionskollege Fuhrmann spricht von einer "ergänzenden Maßnahme" zur Regierungspolitik. Diese unterstrich am Mittwoch, dass das Ziel des Besuchs die Stärkung der Reformkräfte sei. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer, versicherte, mit Chatami werde "sehr intensiv über Menschenrechte" gesprochen.

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