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Politik: Staatsbesuch: Perser-Jubel - Präsident Chatami ist zufrieden aus Berlin abgereist - etwas zu zufrieden (Kommentar)

Und tschüss! Weg ist der Gast, aber nicht im Zorn, wie 1994 der Chinese Li Peng, dem die Proteste gegen die Menschenrechtslage zu viel wurden.

Und tschüss! Weg ist der Gast, aber nicht im Zorn, wie 1994 der Chinese Li Peng, dem die Proteste gegen die Menschenrechtslage zu viel wurden. Irans Präsident Chatami ist zufrieden abgereist, zunächst nach Weimar. Dort weiht er ein Denkmal für den Dichter Hafis ein, der - ganz unislamisch - den Wein und die Liebe besang und Goethe zum "West-östlichen Divan" inspirierte. Ein schöner Ausweis von Liberalität!

Ist das die neue Leichtigkeit hochsensibler Staatsbesuche? Natürlich darf man erleichtert sein, dass die Visite ohne schwere Zwischenfälle, ohne die Bilder prügelnder Polizisten oder Demonstranten vorüberging. Das wäre nur Propaganda-Futter für die Gegner einer Öffnung in Iran gewesen. Doch so berechtigt die Sorgfalt bei der Vorbereitung war, am Ende wirkte die Inszenierung, gemessen an der Menschenrechtslage im Land der Mullahs, etwas zu glatt. Und dann lieferte das Drehbuch, kaum hatte Kanzler Schröder die Hermes-Kredite vervielfacht, zum guten Schluss noch einen Großauftrag im Wert von 700 Millionen Mark. Das war dann doch reichlich dick aufgetragen.

In keiner der offiziellen Reden wurde angedeutet, dass gravierende Menschenrechtsverletzungen in Iran weiter an der Tagesordnung sind. Ohne die Protest-Demonstrationen der Exil-Iraner hätte ein unbedarfter Zuschauer nicht erfahren können, warum dieser Besuch überhaupt problematisch war - und warum er erst jetzt stattfinden konnte, nach mehreren Jahren Eiszeit. Gewiss, es hätte der Sache nicht gedient, den Gast öffentlich mit Vorwürfen zu bedrängen, wie dies CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz fordert - was er natürlich nicht in Gegenwart Chatamis tat. Das also war wohlfeil. Brav gebrüllt, Löwe. Seine Vorsitzende, Angela Merkel, hielt es im Übrigen nicht anders als Kanzler und Außenminister: Sprecher durften nach dem Treffen mit Chatami versichern, das Thema Menschenrechte sei hinter verschlossenen Türen offen angesprochen worden. Sensibilität muss nicht heißen, ein Thema zu verschweigen, sondern nur, die Worte zu dosieren.

Der Schwenk ist schon richtig: weg von einem Menschenrechtssymbolismus, der sich leicht dem Verdacht aussetzt, mehr dem eigenen Moralbefinden zu dienen als den Opfern der Diktatur, hin zu einer Außenpolitik, die den Aufbau eines Rechtsstaats durch vielfältige, auch ökonomische Kooperation anstrebt. Aber nur, wenn sich mit der Zeit Erfolge einstellen. Und tschüss! heißt deshalb: Auf Wiedersehen, Präsident Chatami. Wenn dies ein ernsthafter Neubeginn war, dann müssen beim nächsten Mal auch die Menschenrechte angesprochen werden. Und beim übernächsten Mal sollte, wie jüngst mit China, eine Charta unterzeichnet werden, die dem kritischen Dialog über den Rechtsstaat eine Grundlage gibt.

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