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Staatsfinanzen: Kalifornien ruft finanziellen Notstand aus

Krise im Sonnenstaat: Trotz pausenloser Verhandlungen klafft ein Milliardenloch im kalifornischen Haushalt. Gouverneur Schwarzenegger reagiert radikal.

Kalifornien droht der Finanzkollaps. Im Kampf gegen die tiefen Löcher im kalifornischen Haushalt hat Gouverneur Arnold Schwarzenegger am Mittwoch den finanziellen Notstand ausgerufen. Damit kann der bevölkerungsreichste Bundesstaat der USA und die achtgrößte Volkswirtschaft der Welt vorläufig alle Zahlungen an Vertragspartner und lokale Behörden aussetzen.

Fast jedes Jahr kommt es in dem Bundestaat zu einem Tauziehen um Kürzungen mit einem verspäteten Haushalt. Bei sinkenden Steuereinnahmen, hoher Arbeitslosigkeit und einer drastischen Verschlechterung der Wirtschaftslage stehen diesmal allerdings tiefgreifende und umstrittene Einsparungen an. Zur Senkung des massiven Defizits sollen tausende Staatsangestellte entlassen, Naturparks geschlossen und Zuschüsse für Bedürftige gestrichen werden.

Der Gouverneur denkt auch über die Privatisierung von Gefängnissen nach, um den Haushalt zu entlasten. Zudem stellt Schwarzenegger den Verkauf von staatlichen Gebäuden zur Disposition, darunter das Sportstadion Los Angeles Coliseum und das berühmte San-Quentin-Gefängnis bei San Francisco. Der Verkauf von sieben großen Immobilien könnte mehr als eine Milliarde Dollar in die Haushaltskasse bringen.

Als sofortige Sparmaßnahme ordnete der "Gouvernator" genannte Politiker für über 200.000 Staatsangestellte unbezahlten Zwangsurlaub an. Drei Tage pro Monat werden sie nicht zur Arbeit gehen und damit auch keinen Lohn kassieren. Der Gouverneur stellte auch in Aussicht, dass der Staat ab sofort einige seiner Verpflichtungen mit Schuldscheinen – sogenannten IOUs – bezahlen wird.

Mit diesem Schritt will Schwarzenegger das Parlament zwingen, das Defizit von inzwischen 26,3 Milliarden Dollar in einer Sondersitzung zu stopfen. Die Abgeordneten hatten das Budget nicht pünktlich zum 1. Juli verabschiedet und haben nun 45 Tage Zeit, dies nachzuholen.

Dies sei umso dringlicher, da der Staatshaushalt ein gewaltiges Defizit aufweise. Schwarzenegger bezifferte das Haushaltsloch bis Juni 2010 mit 26,3 Milliarden Dollar, zwei Milliarden mehr als noch vor einem Monat. Nun müsse das Parlament seinen Pflichten nachkommen, sagte Schwarzenegger. "Vorschläge, die Steuererhöhungen oder nur kosmetische Änderungen vorsehen, werde ich nicht akzeptieren." Stattdessen drängt er auf milliardenschwere Einsparungen vor allem in den Bereichen Gesundheitswesen, Bildung und Soziales.

Bereits Anfang Juni hatte der Republikaner das von Demokraten beherrschte Parlament mit deutlichen Worten zu einer raschen Entscheidungen über den Haushaltsetat aufgefordert, um Kalifornien vor einer drohenden Pleite zu bewahren. "Wenn wir nichts unternehmen, geht dem Staat einfach das Geld aus", warnte er nun erneut.

Vor 17 Jahren hatte der Bundesstaat schon einmal auf das dramatische Mittel des Notstands zurückgegriffen. Damals erhielten Zehntausende von Staatsangestellten wochenlang keinen Cent Bargeld und mussten von ihren Ersparnissen leben. Außerdem waren sämtliche Mittel für die staatliche Gesundheitsfürsorge gesperrt, was die Betreuung von Bedürftigen, alten und behinderten Menschen bedrohte. Zahlreiche Pflegeheime und Ärzte mussten ihre Dienste einschränken.

ZEIT ONLINE, dpa, Reuters

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