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Politik: Staatsmann oder Spießer

Ein Palästinenser und ein Israeli zum Geburtstag

Asmi Bischara (48), KnessetAbgeordneter, ist einer der bekanntesten Sprecher der in Israel lebenden Palästinenser:

„Ich habe Jassir Arafat häufig getroffen und mit ihm diskutiert. Im persönlichen Umgang ist er sehr freundlich, angenehm und bescheiden. Er zeigt seinen Gesprächpartnern gegenüber Respekt – ganz gleich, ob es sich um prominente Politiker oder einfache Leute handelt. Wie Arafat jedoch die PLO und die Autonomiebehörde führt und wie er politische Entscheidungen trifft, das habe ich immer kritisiert. Er hat die palästinensische Sache geprägt, im Negativen und im Positiven. Andererseits ist Arafat ein demokratisch gewählter Präsident, nicht ein in arabischer Weise „gewählter“ Präsident.

Ich wünsche Jassir Arafat zu seinem 75. Geburtstag, dass künftig mehr Leute um ihn sind, die ihm die Wahrheit sagen. Die Palästinenser brauchen mehr funktionierende Institutionen und weniger getreue Berater, die Arafat nur das sagen, was ihm gefällt.“

Avi Primor (69) war von 1993 bis 1999 israelischer Botschafter in Deutschland:

„Arafat ist für die Palästinenser eine historische Gestalt und ein Symbol, obwohl die meisten Palästinenser heute wissen, dass er versagt hat. Dieses Ansehen sollte er nicht bröckeln lassen. Er sollte Staatsoberhaupt bleiben mit allen Ehren und Würden, aber er sollte sich aus der aktiven Politik zurückziehen und einem Jüngeren die echte Macht überlassen. So wird er besser in die Geschichte eingehen. Behält er jedoch die echte Macht in seiner Hand, wird er weiter alles kaputtmachen – die Zukunft seines Volkes, sich selbst und sein Ansehen. Arafat ist im menschlichen Kontakt äußerst liebenswürdig. Aber er ist kein echter Staatsmann, sondern ein spießiger Politiker geblieben. Er denkt nur an heute, nicht an morgen.“ M.G.

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