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Politik: Staatsreform: Länder gehen auf Bund zu

Ministerpräsidenten machen kleine Zugeständnisse / Koalitionsmehrheit im Bundestag noch nicht sicher

Berlin - Die Ministerpräsidenten haben am Donnerstag dem nochmals leicht veränderten ersten Paket der Föderalismusreform zugestimmt – und sich zugleich darauf verständigt, zusammen mit Bundesregierung und Bundestag ein zweites Reformpaket anzugehen. Der Föderalismusreform I, bei der es vor allem um Gesetzgebungszuständigkeiten ging, soll nun also die Föderalismusreform II folgen, bei der Finanzverteilung, Steuern und die Begrenzung der Staatsverschuldung im Mittelpunkt steht, also Dinge wie Finanzausgleich oder Steuererhebung. Die nötige Zweidrittelmehrheit im Bundesrat dürfte damit sicher sein; nur Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein werden sich wohl enthalten.

Dagegen steht die Zweidrittelmehrheit im Bundestag noch nicht. Die hätte die große Koalition zwar selbst, doch in der SPD-Fraktion gibt es weiter Unmut, auch nach ausgehandelten Zugeständnissen der Länder an den Bund, welchen die Ministerpräsidenten nun zustimmten. Nun drohen aber die ostdeutschen SPD-Bundestagsabgeordneten mit Ablehnung der Reform. „Die Zweidrittelmehrheit der Koalition ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sicher. Sie ist nur zu kriegen, wenn es noch Änderungen am Gesetzentwurf gibt“, sagte Landesgruppensprecherin Andrea Wicklein dem Tagesspiegel. In einem von 39 Abgeordneten unterschriebenen Änderungsantrag verlangen die Ostdeutschen, dass Kooperationen von Bund und Ländern auch in der Schulpolitik erlaubt sein sollen. „Bildungspolitische Initiativen des Bundes müssen in Absprache mit den Ländern weiterhin möglich sein“, sagte Wicklein. Die Koalition hat 448 Abgeordnete, die bei Verfassungsreformen nötige Zweidrittelmehrheit liegt bei 409 Stimmen. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz sieht eine eigene Zweidrittelmehrheit der großen Koalition als sicher an. Er sprach von substanziellen Fortschritten in den Verhandlungen.

Die Länder sind auf mehreren Gebieten dem Bund noch etwas entgegengekommen. Etwa beim Abfallrecht, wo die Zuständigkeit des Bundes weiter gefasst wird als bisher. Zudem bleibt das Notariat Bundessache. Klargestellt ist, dass der Bund in der Hochschulpolitik zumindest im Zusammenhang mit der Zulassung von Studenten und bei den Abschlüssen an Hochschulen investive Finanzhilfen an die Länder gewähren darf – aber nicht für Personal. Der umstrittene Satz, dass der Bund keine Hilfen bei Gegenständen der ausschließlichen Gesetzgebung der Länder geben darf, wird gestrichen und ersetzt durch die Formulierung, der Bund könne den Ländern Geld geben, „soweit dieses Grundgesetz ihm Gesetzgebungsbefugnisse verleiht“. Auch bei Details der Umsetzung von Gesetzen und Verwaltungsverfahren gab es Änderungen.

Während Grüne und Linkspartei im Bundestag die Föderalismusreform wohl ablehnen werden, ist die FDP noch nicht festgelegt. Parteichef Guido Westerwelle zeigte sich aber skeptisch. Allerdings ist der Einstieg in die Föderalismusreform II, die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und den Ministerpräsidenten beschlossen wurde, eine Kernforderung der Liberalen für ihre Zustimmung zum ersten Teil der Reform. Ob im zweiten Teil die ebenfalls von der FDP geforderte Erleichterung der Länderneugliederung eine zentrale Rolle spielen wird, ist unklar. Den Vorstoß des Stuttgarter Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU), zur Länderneugliederung gebenenfalls eine bundesweite Volksabstimmung einzuführen, lehnten mehrere Ministerpräsidenten ab, darunter Edmund Stoiber (CSU) und Kurt Beck (SPD) ab.

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