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Japans Premierminister Naoto Kan will sparen, Geld einnehmen und dann richtig investieren.

© AFP

Staatsschulden: Japan fürchtet griechische Verhältnisse

Wende in der japanischen Haushaltspolitik: Angesichts einer Staatsverschuldung von fast 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, will Premierminister Naoto Kan sparen und die Mehrwertsteuer erhöhen.

Japans neue Regierung will bis zum Jahr 2020 einen ausgeglichen Haushalt erreichen. Das geht aus der mittel- und langfristigen Finanzplanung hervor, die Premierminister Naoto Kan am Dienstag vorgelegt hat. Im Zentrum stehen eine umfassende Wachstumsstrategie, klare Sparpläne und eine Steuerreform, über die „bald“ entschieden werde, sagte Premier Kan am Dienstag in Tokio. „Wir müssen sofort an die Arbeit gehen“, sagte er. Sonst drohe eine Lage wie in Griechenland.

Sparen, Geld einnehmen und dann richtig investieren, das ist sein Kurs. So sollen die jährlichen Ausgaben auf etwa 71 Billionen Yen (gut 630 Milliarden Euro) über die nächsten drei Jahre begrenzt werden. Mit großer Sicherheit wird zudem die derzeit bei rund 41 Prozent liegende Steuerbelastung der Unternehmen auf rund 25 Prozent gedrückt. Der Schritt soll spätestens im kommenden Jahr erfolgen. Als Gegenfinanzierung ist unter anderem eine Anhebung der Mehrwertsteuer im Gespräch. Wann diese kommen soll, ist jedoch weiter offen.

Der Schuldenberg Japans ist gigantisch. Die Verschuldung hat fast 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht, in Zahlen lasten auf dem Land 883 Billionen Yen. Ein Gremium des Finanzministeriums hat der Regierung deshalb unter anderem die Anhebung der Mehrwertsteuer dringend ans Herz gelegt und eine Steuererhöhung auf Dienstleistungen und hohe Einkommen angeraten. „Die Regierung muss die Steuerlast breiter verteilen“, heißt es in einem am Dienstag bekannt gewordenen Bericht des Gremiums. Ferner sollen offenbar größere Freibeträge für Erbschaft- und Schenkungssteuer eingeführt werden, um den Wohlstand von Alt nach Jung zu verschieben.

Kan hat jedoch vorgestern die noch vor wenigen Tagen in Aussicht gestellte Heraufsetzung der Mehrwertsteuer von derzeit fünf Prozent auf zehn Prozent wieder relativiert. Offenbar leicht verängstigt durch zurückgegangene Umfragewerte hatte der Premier betont, es werde voraussichtlich „zwei oder drei Jahre“ brauchen, um eine Anhebung umzusetzen. Einige Vorgänger hatten sich an diesem heißen Eisen schon die Finger verbrannt. Die Zurückhaltung gründet auch darauf, dass am 11. Juli Oberhauswahlen anstehen und offenbar erst einmal als Gradmesser für die allgemeine Zustimmung der Bevölkerung zu Kans Reformpolitik herhalten sollen.

Die Finanzplanung kommt nur wenige Tage nach der Vorstellung einer neuen Wachstumsstrategie. Danach soll zur Ausgabenbeschränkung und Steuerreform ein Investitionsprogramm treten. Es sieht unter anderem eine Ausrichtung des Exports gen Asien, insbesondere China, vor und die gezielte Förderung bestimmter Wirtschaftssparten, etwa der Bereiche Umwelt, erneuerbare Energien, medizinische und Pflegeversorgung sowie Tourismus.

Der Plan soll insgesamt in der kommenden Dekade ein reales Wachstum von zwei bis drei Prozent kreieren. Zudem sollen die seit Monaten fallenden Preise langfristig wieder steigen. Die Regierung gibt dafür eine Zeitspanne bis März 2012 vor. Japan leidet zurzeit unter einer Deflation. In Sachen Arbeitsmarkt hat sich das Kabinett vorgenommen, so schnell wie möglich fünf Millionen neue Jobs zu schaffen und auf diese Weise die momentane Arbeitslosenrate von fünf Prozent auf unter vier zu drücken.

Passend dazu hat die Regierung am Dienstag auch ihre Wachstumsprognose deutlich angehoben. Es wäre das erste Mal seit drei Jahren, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt wieder um mehr als zwei Prozent wächst.

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