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Staatsziele: Union gegen Kinderrechte in Verfassung

Die SPD möchte Kinderrechte in Grundgesetz festlegen. Doch CDU und CSU blockieren das Vorhaben. Denn die Union will generell keine Erweiterung der Staatsziele um Klimaschutz, Kultur oder dergleichen.

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Union lehnt eine Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz ab. Das ergibt sich aus einem Grundsatzbeschluss, den der geschäftsführende Fraktionsvorstand von CDU und CSU bereits am 9. Oktober 2007 gefasst hat. In dem bislang unbekannten Beschluss erteilt die Fraktionsspitze der Union jedweder Erweiterung der Staatsziele in der Verfassung für die Dauer der Legislaturperiode eine Absage, wie eine Sprecherin der Fraktion dem Tagesspiegel am Donnerstag bestätigte. Wegen der erforderlichen Zweidrittelmehrheit ist damit die Aufnahme der Kinderrechte in der Verfassung, wie sie von der SPD geplant wird, im Bundestag nicht durchsetzbar.

Mit dem Beschluss blockiert die Union auch die Erweiterung der Verfassung in den Bereichen Kultur, Sport und Nachhaltigkeit/Generationengerechtigkeit. Zur Begründung hieß es, man wende sich gegen reine Symbolpolitik und eine Verwässerung der Verfassung. Daher habe man sich vom Ziel des Alles-oder-nichts leiten lassen. Die Rechte von Kindern seien bereits jetzt durch den grundgesetzlichen Schutz von Menschenrechten vollumfänglich gewahrt. Der Schutz von Kindern vor Gewalt und Verwahrlosung werde am wirkungsvollsten vor Ort gewährleistet.

SPD-Chef Kurt Beck hatte am Mittwoch als Konsequenz aus den jüngsten Fällen von Kindesmisshandlung angekündigt, eine Erweiterung der Verfassung zum Schutz von Kindern auf den Weg bringen zu wollen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) sprach am Donnerstag von einer „flankierenden“ Maßnahme zu anderen konkreten Maßnahmen zum Schutz der Kinder. Nach Vorstellung der SPD soll in Artikel 6 des Grundgesetzes, der Ehe und Familie unter den Schutz des Staates stellt, ein neuer Absatz 2 eingefügt werden: „Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung seiner Persönlichkeit, auf gewaltfreie Erziehung und auf den besonderen Schutz vor Gewalt, Vernachlässigung und Ausbeutung. Die staatliche Gemeinschaft achtet, schützt und fördert die Rechte des Kindes und trägt Sorge für kindgerechte Lebensbedingungen.“

In der Plenardebatte zum Thema Kinderschutz sprachen sich auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast und der jugendpolitische Sprecher der Fraktion, Kai Gehring, dafür aus, Artikel 6 der Verfassung um Kinderrechte zu ergänzen. Die Vorsitzende der Kinderkommission, Miriam Gruß (FDP), sagte: „Es muss jetzt Druck aufgebaut werden, damit die Union doch noch zur Zustimmung bewegt wird.“ Allerdings gebe es auch bei der FDP noch keinen förmlichen Beschluss dazu.

Unionsfamilienpolitiker Johannes Singhammer (CSU) forderte in der Debatte verbindliche Vorsorgeuntersuchungen zum Schutz von Kindern. Das Betreuungsgeld sollte nur an Eltern ausgezahlt werden, wenn sie einen lückenlosen Nachweis der Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen vorlegen, sagte Singhammer. Zusätzlich sollten Eltern Anreize erhalten, damit sie ihre Kinder zu den Untersuchungen bringen. Singhammers Forderungen sind Teil eines 37-Punkte-Programms, mit dem die große Koalition den Kinderschutz verbessern und mehr Hilfen für Risikofamilien bereitstellen will. Bundeskanzlerin Merkel (CDU) will sich am kommenden Mittwoch mit den Ministerpräsidenten der Bundesländer zu einem „Kinderschutz-Gipfel“ treffen, um über weitere Maßnahmen zu beraten.

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